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Fälschung!

Oh! Mein! Gott!

Der vom CCC veröffentlichte Fingerabdruck, der angeblich von Innenminister Schäuble stammen sollte, stammt laut dieser absolut vertrauenswürdigen Quelle gar nicht vom Bundesinnenminister:

“Wir haben den veröffentlichten Fingerabdruck von Herrn Schäuble mit demjenigen verglichen, den wir in unserer Kundendatenbank gespeichert haben. Die Übereinstimmung liegt bei null Prozent”, teilte ein Firmensprecher des Lebensmitteldiscounters LIDL am späten Sonntag Abend mit.

Kurz darauf meldete sich auch Peter P., Mitarbeiter der Drogeriekette Schlecker zu Wort. Der veröffentlichte Fingerabdruck, so P., stamme zweifelsfrei von der 67-jährigen Schlecker-Kundin Annegret G. aus dem schwäbischen Waiblingen.

Das wirft jetzt aber einige Fragen auf: Wie kommt es, dass Annegret G. auf einem vom Minister bei einer Podiumsdiskussion benutzten Glas ihren Fingerabdruck hinterlassen konnte, der Herr Minister aber nicht? Verfügt der Minister vielleicht über keine erkennungsdienstlich ermittelbaren Fingerabdrücke? Und wenn ja, warum? Will er damit vielleicht verhindern, bei weiteren Schwarzgeldzahlungen identifizierbar zu sein? All diese Fragen werden hoffentlich am morgigen Dienstag beantwortet werden.

GG du jour

Unser aller Schnüffelminister hat mal wieder einen akuten Anfall von Logorrhoe gehabt. Diesmal fordert der Herr Folterminister eine Änderung des Grundgesetzes, um in Artikel 91 zu erweitern. Laut Heise-Meldung "will der Innenminister [den Artikel] um drei neue Abschnitte (Verwaltungsinterne Dienstleistungen, Informationstechnische Zusammenarbeit, Leistungsvergleiche) erweitern."

Von einer Abschaffung der Grundrechte steht in der Meldung zwar nichts, aber ich bin zuversichtlich, dass unser Oberinquisitor rechtzeitig eine entsprechende Erweiterung in ein Änderungsgesetz einbringen dürfte. Oder alternativ führt der Herr Minister auch ein Grundgesetz des Tages ein.

Verfassungsbruch mit System

Was Kai Biermann für die Zeit geschrieben hat, ist beängstigend: 'Wer Gesetze ignoriert, wird Anarchist genannt. Was aber sind Politiker, die immer wieder von Karlsruhe gestoppt werden müssen, weil sie Bürgerrechte schleifen wollen? Eine Polemik'. Leider kann ich ihm nicht widersprechen. Aber dafür kann ich einen Lesebefehl für seinen Text ausgeben. Und genau das tu ich hiermit.

I (Herz) BVerfG

Für den Fall, dass es jemandem entgangen sein sollte: Das Bundesverfassungsgericht hat mal wieder eine sehr interessante Entscheidung gefällt. Dieses Mal ging es um die verdachtsunabhängige Verbindungsvorratsdatenspeicherung (gern und oft als VDS abgekürzt). Im Eilverfahren hat das Gericht die Herausgabe der Kommunikationsmetadaten verboten für alle Fälle, die nicht der Verfolgung einer schweren Straftat dienen. Schwere Straftaten sind dabei bereits im § 100a der Strafprozessordnung festgelegt.

Einerseits hat das BVerfG die VDS zwar nicht vollständig gestoppt, aber andererseits zeigt eine genaue Untersuchung der Entscheidung, dass das damit begründet wurde, dass dieser Schritt dem Gericht nur zugestanden hätte, wenn eine Fortführung der Speicherung den Antragsstellern großen Schaden zufügen würde. Die Richter haben einen solchen Schaden verneint, aber der Bundesregierung Hausaufgaben aufgegeben: Zum 1. September muss die Bundesregierung einen Bericht vorlegen, in dem die Auswirkungen der VDS belegt werden müssen.

Die Richter begründen ihr Auskunftsbegehren wie folgt: "Der Bericht soll dem Senat dazu dienen, einerseits die Bedeutung der Vorratsspeicherung für die Strafverfolgung [...] sowie andererseits das Gewicht der durch einen Abruf der Vorratsdaten drohenden Nachteile einzuschätzen." Für mich sieht das so aus, dass das Gericht mal wieder ein fundiertes Urteil fällen will. Das gefällt mir an dem Gericht so.

Satz des Tages

Volker Beck auf der Demonstration gegen Überwachung gestern in Köln: "Eine Regierung, die alle Bürger verdächtigt, sollte abtreten und sich ein anderes Volk suchen".

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

(Quelle)

wieder ein Schlag ins Gesicht der Verfassungsfeinde

Das Bundesverfassungsgericht hat heute mal wieder seine Aufgabe als letzte Instanz zur Sicherung der Bürger vor Staatswillkür erfüllt: Das automatische Kennzeichenscanning, in der Ausprägung, wie es in Schleswig-Holstein und Hessen bisher durchgeführt wurde, ist verfassungswidrig. 

Kurz zusammengefasst ist das Urteil des Gerichts mal wieder ein Schlag ins Gesicht der sicherheitsfanatischen Verfassungsfeinde. Dass ich darüber nicht traurig bin, ist ja wohl klar.

Hörbefehl

Es ist mal wieder so weit: Ich habe einen Hörbefehl für euch. Wer sich dafür interessiert, wie ein Jurist, in diesem Fall ein gewisser Prof. Dr. Alfred Büllesbach über das BVerfG-Urteil denkt, und auch über die Tendenz des Gesetzgebers immer schwammigere Gesetze zu erlassen, die dann vom BVerfG wieder einkassiert werden. Außerdem äußert sich der ehemalige Landesbeauftragte für Datenschutz in Bremen dazu, wie es aus seiner Sicht dazu kommen kann, dass sowohl die Überwachungsgegner als auch unser aller Schnüffelminister das BVerfG-Urteil positiv sehen. Zu finden gibt es den Download beim J!Cast.

Demokratieumstellungsbestreben

'Angesichts wachsender Schwierigkeiten der deutschen Parteien, stabile Regierungsmehrheiten zu bilden, hat der frühere Bundespräsident Roman Herzog grundlegende Korrekturen des Wahlrechts angemahnt - sonst drohten schwache Minderheitsregierungen.'

Nachzulesen gibt es einen Artikel dazu hier.

Wieso nur beschleicht mich das Gefühl, dass Herr Herzog da die Linkspartei von einer möglichen Regierungsbeteiligung ausschließen will? Man mag von der Partei halten, was man will, aber sich einfach per Änderung der Wahlgesetze über den Wählerwillen hinwegsetzen zu wollen, finde ich nur begrenzt witzig.

'Ohne Korrekturen drohe sich der Vertrauensschwund der Bürger gegenüber den bisherigen Volksparteien CDU/CSU und SPD fortzusetzen.'

Hmm. Kann es sein, dass hier nur an Sympthomen rumgedoktort wird, anstatt dem Bürger eine Möglichkeit zu geben, Vertrauen in genügend Parteien zu haben? Wer sagt eigentlich, dass die Bürger den "bisherigen Volksparteien" vertrauen wollen? Vielleicht ist ja die Zeit der Parteien einfach nur abgelaufen, und es wird Zeit, dass die Dinosaurier aussterben, um von neuen Lebensformen Parteien abgelöst zu werden. Aber nein, dass kann nicht sein. Das würde ja bedeuten, dass die Politik zwischendurch mal auf den Willen des Volkes hören müsste.

Wer nichts zu verbergen hat 2.0

Der SPD-Abgeordnete Dr. Dieter Wiefelspütz, der vergangene Woche bei der Urteilsverkündung am BVerfG anwesend war, hat mal wieder eine ganz tolle Erklärung abgegeben. Auf die Frage, wie eine staatliche Computerinfiltration Terroristen ausforschen können soll, die sich doch klar dagegen wehren könnten, hat das wandelnde Kompetenzzentrum folgendes geantwortet (zwecks Beweissicherung komplett zitiert):

Sehr geehrter Herr (Name entfernt),

warum so viel Aufwand, um sich gegen eine Online-Durchsuchung zu schützen? Man muß doch nur auf die Arbeit und Kommunikation mit Computern verzichten.

Sie können sich gegen das Abhören Ihres Telefons absolut sicher und kostenfrei schützen, indem Sie kein Telefon benützen. Noch einfacher ist es, das Telefon abzumelden.

Niemand wird einen Fingerabdruck finden, wenn der Täter stets Handschuhe tragen. Gleichwohl werden immer wieder erhebliche und weitreichende Ermittlungserfolge mit dem Abhören von Telefonen und der Suche nach Tatortspuren erzielt.

Die Online-Durchsuchung ist kein Patentrezept, sondern in Zeiten informationstechnischer Systeme eine weitere, in Ausnahmefällen anzuwendende Ermittlungsmethode, die mit strengsten rechtsstaatlichen Hürden versehen ist. In aller Regel werden schwerste Straftaten auch weiterhin mit herkömmlichen Methoden aufgeklärt oder verhindert. Welche Ermittlungsmethode konkret erfolgreich ist, hängt immer wieder vom Einzelfall ab.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter Wiefelspütz

Aha, wenn ich also nicht überwacht werden will, darf ich einfach nur überhaupt nichts tun? Bei der Aussage muss ich doch ernsthaft an der geistigen Gesundheit des Herrn Wiefelspütz zweifeln. Jedem auch nur halbwegs mit Intelligenz ausgestatteten Menschen darf auffallen, dass diese Aussage so dämlich ist, dass sie noch nicht einmal als Witz taugt. Angesichts der Tatsache, dass er so einen Stuss schreibt, hat Herr Wiefelspütz bestimmt nichts dagegen, wenn seine sämtlichen Aktivitäten außerhalb seiner Wohnräume mit Mikrofonen und Kameras überwacht, aufgezeichnet und veröffentlicht werden. Er muss ja seine Wohnung nicht verlassen.

(gefunden bei TK)

brechende Neuigkeiten

This just in: Schäuble gibt zu, dass die Fern-Infiltration von Computern für Terrorverhinderung ungeeignet ist.

Schäuble äußerte Zweifel, ob Online-Durchsuchungen auf der zulässigen Grundlage geeignet wären, die Pläne von Terrorgruppen wie der Hamburger Zelle um Mohammed Atta vor dem 11. September 2001 zu entdecken. „Genaueres über die Gruppe wussten die Sicherheitsbehörden erst hinterher. Und ohne sehr konkrete Anhaltspunkte für eine drohende schwere Gefahr sind Online-Durchsuchungen ja nicht zulässig.“

Zusätzlich zu weiterer heißer Luft findet sich diese Aussage beim Focus.

Da frage ich mich dann doch ernsthaft, wofür die angeblich so dringend benötigte 'Online-Durchsuchung' dann eigentlich überhaupt geeignet sein könnte.

nicht verstanden

Die haben nicht verstanden.

Weder der BKA-Ziercke, der ja auch nur sagt, was seine Mitarbeiter ihm aufgeschrieben haben, und ganz offensichtlich keine Ahnung hat, ob (geschweige denn, wie) eine ferngesteuerte Computerüberwachung funktionieren kann.

Noch die bayerische Justizministerin Beate Merk, die immer noch Kinderporno-Konsumenten überwachen lassen will, obwohl die Vorgaben des BVerfG eine gesetzliche Grundlage, die das erlauben würde, ganz klar als verfassungswidrig herausstellen. Aber klar, wenn man die Konsumenten von Kinderpornos mit den Produzenten gleichsetzt, dann hat man nicht nur polemische Rauchbomben geschmissen, sondern kann auch Kritiker mundtot machen (wer gegen eine Verfolgung der Konsumenten ist, muss ja selbst 'Kinderficker' sein).

Auch der rechtspolitische Sprecher von CDU/CSU, Jürgen Gehb, hat das Urteil ganz offensichtlich nicht verstanden, wenn er schwafelt: "Alle, die mit der Gefahrenabwehr befasst sind, brauchen die gesetzliche Ermächtigung für Online-Durchsuchungen." Nein, denn nur die, die mit dem Schutz der überragend wichtigen Rechtsgüter (die nebenbei vollständig im Urteilstext aufgelistet sind) betrau sind, könnten überhaupt in eine Situation gelangen, in der über eine Infiltration von informationstechnischen Systemen auch nur nachgedacht werden dürfte. Das heißt, einem Streifenpolizisten, der zwar auch Gefahrenabwehr betreibt, darf ein derart schwerer Eingriff in die Privatsphäre von Bürgern gar nicht erst erlaubt sein. Aber als rechtspolitischer Sprecher muss man so etwas ja nicht verstehen.

Zum Einsatz für Strafverfolgungszwecke hat sich das Karlsruher Gericht zwar nicht geäußert, aber ich habe ernsthafte Zweifel, dass 'Beweise', die mittels der verdeckten Infiltration erlangt wurden vor Gericht Beweiskraft erlangen können. Denn forensische Untersuchungen, bei denen am Untersuchungsgegenstand (Festplatte) manipuliert wurden, sind vor Gericht schon in der Vergangenheit nicht als Beweis zugelassen worden. Aber vielleicht bedarf es dann ja mal wieder eines Urteils der Richter in den roten Roben, um amoklaufende Politiker auf den Boden des Rechtsstaats zurückzuholen. Es wäre ja auch zu schön, wenn die sich von sich aus an die Verfassung halten würden.

Grundrechtsterrorischd?

Was die Browser-Beauftragte der Bundesregierung laut Heise gesagt haben soll, finde ich aus mehreren Gründen interessant:

"Es nützt mir doch mein bestes Grundrecht nichts, wenn ich konkret fürchten muss, dass abends in der U-Bahn eine Bombe hochgehen kann. Da muss man sich Sicherheitsmaßnahmen überlegen", sagte Zypries der Süddeutschen Zeitung.

Erstens beweist die Aussage, dass die Ministerin das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ganz offensichtlich nicht verstanden hat. Denn in dem Fall, dass es sicher ist, dass jemand "abends in der U-Bahn eine Bombe hochgehen" lassen wird, ist doch die angeblich so dringend benötigte Online-Überwachung erlaubt.

Zweitens beweist die Frau mit ihrer Aussage, dass sie die Bedeutung von 'informationstechnischen Ssystemen' für viele Bürger immer noch nicht verstanden hat - im Gegensatz zu den Bundesverfassungsrichtern. Am Alter kann es nicht liegen, sind doch die Richter im Durchschnitt älter als die Ministerin. Aber vielleicht liegt es ja daran, dass sie sich einfach nicht für die Bevölkerung interessiert?

Warum nur habe ich das Gefühl, die Justizministerin betrachtet uns alle nur als Stimmvieh?