Skip to content

Sondierei

Am Freitag haben sich ja je sieben Vertreter von CDU, CSU und SPD getroffen, um mal zu erkunden ("sondieren"), ob die vielleicht mal über Koalitionen reden wollten. Ergebnisse wurden nur insofern bekannt, als sich die Parteien nochmal treffen wollen. Als nächstes wollen die Unionisten sich noch mit den Grünen treffen um ähnliche Gespräche zu führen. So weit, so unspektakulär. Was die Medien daraus gemacht haben, hat Stefan Niggemeier dokumentiert. Ähnlich wie bei der Papstwahl wird jedes Bisschen Inormation zur Nachricht aufgeblasen. Anders als beim Papst gab es aber immerhin keinen Sturm an Eilmeldungen, als die Gespräche beendet waren und völlig unterraschend dabei kein Koalitionsvertrag gezeigt wurde.

Was inzwischen auch schon passiert: Sowohl SPD als auch Grüne werden mit Wortmeldungen wiedergegeben, dass das mit den Steuererhöhungen doch gar nicht so ernst gemeint sei. Da frage ich mich dann aber doch, welche Teile des vor der Wahl groß verkündeten Wahl- oder "Regierungs-"programms waren denn noch nicht so ernst gemeint, oder anders gefragt: Was davon war denn ernst gemeint? Ja, Koalitionen braucxhen Kompromisse, aber es wirkt wenig souverän, wenn man noch vor dem Beginn der Verhandlungen schon deutlich macht, wie machtgeil man ist und wie egal das Wahlprogramm plötzlich wieder ist. Als Wähler würde ich mich dann verarscht fühlen, wenn ich eine der Parteien gewählt hätte (habe ich nicht, weil mir die Lügen schon vor der Wahl zu offensichtlich waren).

Ich vermisse ja sowohl bei SPD als auch den Grünen Politiker, die deutlich erkennen lassen, bis wohin sie mit sich reden lassen, und jeden Versuch , darüber hinauszugehen mit Abbruch der Verhandlungen bedrohen. Gerade bei der Situation im Bundestag (CDU und CSU haben nur fünf Mandate weniger als die absolute Mehrheit der Sitze) ist doch ohnehin klar, dass die jeden Koalitionspartner nur als Stimmvieh brauchen. Wer glaubt, "auf Augenhöhe" verhandeln zu können, hat entweder Stielaugen oder eine Kiste zum draufstellen. Mal ganz davon abgesehen: Wäre es nicht viel lustiger, wenn Merkel ihr "alternativloses" Wahlprogramm mit Argumenten statt Fraktionszwang durch den Bundestag bringen müsste? Und zwar jeden Punkt einzeln. Und wenn sie sich einig wären könnten SPD, Grüne und Linke Gesetze gemeinsam gegen Merkel durchbringen. Da war doch mal was mit Mindestlohn...