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Erdoputsch

Und zur Abrundung eine weitere Meldung vom Wochenende: Da gab es am Freitag Abend etwas, was wohl einen Militärputsch darstellen sollte. Für einen echten Putsch fehlte aber jegliche Organisation des Militärs, womit es entweder der beschissenst organisierte Militärputsch des Jahrhunderts war, oder (und darauf verdichten sich die Anzeichen gerade) eine Aktion im Auftrag des türkischen Fürsten Erdogan, der mit dem Vorwand eines Putsches mal eben ihm unsypathische Personen beseitigen konnte. Was er dann am Samstag auch getan hat: knapp 3000 Richter sind einfach so aus dem Amt entfernt worden im Namen des Fürsten, darunter zwei Verfassungsrichert, und weitere Vertreter derjenigen Kontrollgremien, die in der Türkei eigentlich für eine Einhaltung der verfassungsgemäßen Ordnung vorgesehen sind, und diese Ordnung bestimmt nicht der dünnhäutige Präsident.

Reaktion der westlichen Staatsoberen: Ein gewähltes Oberhaupt gewaltsam absetzen, ginge nicht (es sei denn, es handelt sich um ein gewähltes Staatsoberhaupt, was uns unangenehm ist, siehe Irak, Libyen, versuchsweise Syrien). Und es wäre ja toll, dass Erdogan doch noch an der Macht wäre. Zu seinem extrem undemokratischen Verhalten danach verlautbart unsere Geliebte Kanzlerin: *Raute*. Da könnte man ja fast den Eindruck bekommen, sie fördere undemokratisches Verhalten. Oder sie kriecht dem Erdogan mal wieder in unbenannte Körperhöhlen.

Nizza

Unerbauliche Meldung vom späten Donnerstag Abend: In Nizza, Frankreich war gerade der dortige Nationalfeiertag dabei auszuklingen als ein Mann einen LKW in eine Menschenmenge gesteuert hat. Schüsse sind dabei auch gefallen, wobei mir aus den Meldungen nicht klar ist, ob zu erst der Fahrer geschossen hat, oder andere Personen auf das Auto mit dem Fahrer. Bei der Aktion sind mehr als achtzig Personen ums Leben gekommen, der Fahrer wurde auch getötet. Das sind die einigermaßen unbestrittenen Fakten. Weniger klar ist, warum der Mann sein vermutlich nicht privat besessenes Fahrzeug in die Menschenmenge gelenkt hat (Medien so: 'Das kann nur ein Terroranschlag gewesen sein!!!!111eisnelf'), ob neben dem Mann noch weitere Personen in Planung, Vorbereitung und Ausführung der Tat involviert waren (Medien: 'Terrormiliz!!!!11111111', französische Terrorpolitiker: 'Wir wissen zwar auch nichts, aber Terrormiliz!!!!111einselfAusrufezeichen'). Nur, um mal die Umgebung deutlich zu machen: Seit November 2015 befindet sich ganz Frankreich im eigentlich mal auf wenige Tage begrenzten Ausnahmezustand, was die Hollande-Regierung immer wieder verlängert hat, und gerade das erste Mal nicht mehr verlängern wollte. Der 'Ausnahmezustand' (kann man so etwas noch Ausnahme nennen, wenn es keinen Normalzustand mehr gibt?) hat also ganz offensichtlich nicht geholfen, irgend etwas zu verhindern oder auch nur schneller aufzuklären (was Wunder, der Täter mit tunesischer Staatsbürgerschaft hatte wohl praktischerweise bei der Tat einen Pass dabei), und auch die verdachtsfreie Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten hat Null geholfen. Dazu kam dann am Freitag noch eine Meldung, dass Nizza ja für das Rasensportereignis, was da neulich auch in der Stadt stattgefunden hat, extra Vorkehrungen gegen einen Anschlag ergriffen hätte. Der Meldung fehlte aber dummerweise ein Abgleich der Vorbereitungen mit deren Auswirkungen auf den konkreten Fall. Mindestens den Opfern hat die Vorbereitung der Stadt wohl nicht ausreichend geholfen, würde ich mal vermuten.

Ach ja: Terrormiliz Terrormiliz (das ist doch das offizielle Wording, oder?) hat am Samstag mal gemeldet, dass sie sich bereit erklären, für die Tat eine Art Verantwortung zu übernehmen, wobei das auf mich schon starkt nach "na gut, ihr werdet ein Nein ohnehin nicht akzeptieren" wirkt. Oh, und die Terrorpolitiker brüllen natürlich gleich nach mehr Überwachung, der französische Innentrottel hat schon von Bürgerwehren gefaselt. Und ich habe den Verdacht, dass so etwas in der Art in Geschichtsbüchern aus der deutschen geschichte hätte bekannt sein können. Komischerweise scheinen die darauf folgenden Ereignisse international nicht gern gesehen worden zu sein.

ErbVerfG

Zur Abwechslung gibt es mal eine erbauliche Politik-Meldung. Wenig überraschend spielt dabei das Bundesverfassungsgericht eine Rolle. Das hatte ja vor geraumer Weile die bisherige Erbschaftssteuer gekippt, und dem Gesetzgeber aufgegeben, eine korrekte Regelung zu erlassen bis zum 30. Juni 2016. Die Regierung hat sich immerhin schon(!) am 20. Juni auf etwas geeinigt, von dem sie behauptet hat, es sei verfassungskonform. Der Bundesregierungstag hat das dann abgenickt, aber der Bundesrat hat das Gesetz nicht auf dem schnellen Dienstweg einfach durchgelassen. Und nun verkündet das BVerfG, dass man das Thema Erbschaftssteuer nach der dortigen Sommerpause wieder auf den Plan zu nehmen gedenke. Das verspricht aus meienr Sicht einen weniger offensichtlich verfassungswidrigen Zustand (Wenn man sein Erbe in Höhe von Millionen Euro als Firma verpackt, zahlt niemand mehr darauf Steuern. Ein Erbe von mehr als 500 tausend Euro in einer anderen Form wird aber besteuert. Und das Argument mit Mehrfachversteuerung stinkt übrigens, oder habe ich auf meinen Lohn keine Lohnsteuer gezahlt, wenn ich im Geschäft noch Umsatzsteuer auf den Einkauf zahle?). Wobei ich mir so ein Einschreiten eher bei Gesetzen wie dem lange verfassungswidrigen Wahlgesetz gewünscht hätte, was damals der Brüllrich kackdreist ausgesessen hat, weil er ja mit Mehr Überwachung beschäftigt war. Aber immerhin, wenn der Gesetzgeber pennt, mischen sich die Verfassungsrichter nochmal ein. Und nachdem sich da gerne Lammert aufbläst: Es steht dem Parlament frei, verfassungskonforme Gesetze zu erlassen, die keine Intervention der verfassungsrichter erfordern. Offenbar ist das Parlament dazu aber wiederholt unfähig. Das könnte auch dem Präsidenten des Parlaments mal auffallen.