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Verboten, aber nicht total

Lange erwartet, hat heute das Bundesverfassungsgericht das Urteil über das NRW-Verfassungsschutzgesetz verkündet.

Wie erwartet, haben die obersten Richter die Erlaubnis für heimliche Ausschnüffelungen von "informationstechnischen Systemen" einkassiert. Bei der Gelegenheit haben die Richter gleich noch ein neues Grundrecht definiert: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Dieses Recht gilt aber leider nicht unbeschränkt, so dass eine "heimliche Infiltration" von IT-Systemen erlaubt ist, "wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Überragend wichtig sind Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Die Maßnahme kann schon dann gerechtfertigt sein, wenn sich noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Gefahr in näherer Zukunft eintritt, sofern bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall durch bestimmte Personen drohende Gefahr für das überragend wichtige Rechtsgut hinweisen."

Oder kurz ausgedrückt: Im Prinzip ist die verdeckte Schnüffelei verboten, aber bei einer konkreten Gefahr für ein "überragendes Rechtsgut" ("Leib, Leben und Freiheit der Person" oder was auch immer "die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt") ist eine heimliche Festplattenausschnüffelung doch nicht verboten. Dann gelten natürlich auch noch Hürden wie ein Richtervorbehalt, der sich in der Vergangenheit schon als besonders stumpfe Waffe erwiesen hat. (Bericht bei Golem, Heise)

Nicht nur der Bundesschnüffel- und Folterminister ist über das Urteil ganz froh, sondern auch der bayrische Schnüffelminister. Es wird sich zeigen, wie viele einfache Verbrechen zukünftig noch zu schlimmen terroristischen Anschlägen aufgeblasen werden, um dadurch alle möglichen Geräte abzuschnorcheln, die in den schwammigen Begriff der "informationstechnischen Sysdteme" reinpassen.

Positiver Nebeneffekt an dem neu definierten Grundrecht: Damit werden nicht nur Computer in Wohnungen geschützt, sondern auch Laptops und Datem im RAM. Damit sind die lautstarken Überlegungen einiger Politiker zunichte gemacht, die damit argumentiert haben, dass sich ein Rechner ja auch außerhalb einer Wohnung befinden könne, und damit völlig frei abgeschnorchelt werden dürfte.

Was bleibt ist ein Sieg gegen ein handwerklich schlechtgemachtes Gesetz und der schale Beigeschmack, dass die Schnüffelminister jetzt eine grundsätzliche Ermächtigung haben, Bürger verdeckt zu überwachen. Ich befürchte, dass die Anzahl der Überwachungen durch extensive Anwendung ohnehin schon lascher Gesetze sich bald in Richtung einer Vollüberwachung aller Bürger entwickeln könnte, die nur Wenige ausspart. Aber wer nichts zu verbergen hat... Was haben eigentlich die Schnüffler zu verbergen, wenn sie verdeckt in Systeme einbrechen wollen?

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