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Gesellschaft zur Verbreitung von Unsinn

Dass die GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V.) in der Vergangenheit bei der Verfolgung von 'Raubkopierern' die rechtlichen Beschränkungen nicht ganz so eng gesehen hat, konnten wir ja bereits erfahren.

In der ab morgen im Handel erhältlichen c't wird davon berichtet, dass die Staatsanwaltschaft Würzburg eine Strafanzeige der GVU gegen eine Frau zum Anlass genommen hat, gegen eben diese Frau einen Haftbefehl zu erlassen. Was hat sich die Frau zuschulden kommen lassen? Nun, sie hat einer in China lebenden Freundin gebeten worden, dieser doch bitte ein deutsches Girokonto zur Verfügung zu stellen, damit die Freundin aus China DVDs über eBay nach Deutschland verkaufen kann. Dieser Bitte ist die Frau, die ursprünglich aus China stammt, dann nach rechtsanwaltlicher Beratung nachgekommen.

Einer der Kunden der Freundin vermeinte allerdings, er hätte eine illegale Kopie erhalten, und hat sich an besagte GVU gewendet. Die GVU hat daraufhin, wie es im Artikel so schön heißt, 'angeregt', den Kontoinhaber und den Besitzer des eBay-Accounts zu belangen. Aus nicht dargestellten Gründen hat die Staatsanwaltschaft dann aber nur die Kontoinhaberin ermittelt, und DVDs aus gerade beendeten Auktionen sichergestellt. Die GVU war dann auch so großzügig, kostenlos ein Gutachten darüber zu erstellen, ob die DVDs denn gefälscht seien, was sie dann auch recht erwartbar bejaht hat. Die GVU tritt also als Geschädigte und gleichzeitig als (unabhängiger?!?) Gutachter auf, was nach meinem Rechtsverständnis nicht passieren dürfte.

Das baden-württembergische Justizministerium sieht das wohl ähnlich, denn von dort stammt laut c't ein Schreiben, in dem angeordnet wurde, die GVU nicht als Sachverständigen zu beauftragen und auch nicht zu Hausdurchsuchungen mitzunehmen. Leider hat sich diese Überzeugung noch nicht in allen Bundesländern rumgesprochen, so dass die GVU auch weiterhin auf Klägerseite und als Gutachter auftreten könnte.

Über die Verwickelung der GVU in die Finanzierung von Servern, über die unlizenzierte Kopien angeboten werden, weiß der Artikel auch noch etwas zu berichten: Das Verfahren ist eingestellt worden, weil in Frankfurt keine Strafanzeigen von Rechteinhabern gestellt worden seien. Vielleicht haben die Rechteverwerter ja kein gesteigertes Interesse daran, dass ihr eigener Lobby-Verein als unseriös gilt? In dem Fall würde ich den Rechteinhabern aber dazu raten, dass sich ihr Lobby-Verein in Zukunft besser seriös verhalten sollte. Mir stößt diese Geschichte jedenfalls sehr sauer auf.

Trackbacks

Compyblog am : Die GVU und die Parteilichkeit

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In einem Urteil vom 14. August, auf das sich diese Heiseticker-Meldung beruft, hat das Landgericht Kiel festgestellt, dass die GVU nicht als unabhängiger Sachverständiger zu Durchsuchungen und Beschlagnahmen hinzugezogen werden darf.Im konkreten Fall ging

Kommentare

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Farlion am :

Wir mutieren immer mehr zu einem Staat, in dem sich diverse Lobbyistengruppen das Recht so zurechtbiegen können, wie sie es möchten.

Andre Heinrichs am :

Jap. War da nicht auch noch ein Gesetzentwurf zu einem Urheberrechtsgesetz, der 'rein zufällig' von der Urheberrechtsverwertungsindustrie geschrieben worden war, und praktisch unverändert als Ergebnis des Ministeriums zur Diskussion gestellt wurde? Mich würden die Nebeneinkünfte der diversen Politiker schon interessieren, die sich vor die Presse stellen, und solchen Kram verlautbaren lassen.

Holger am :

Das eigentlich Schlimme ist aber doch, dass hier "Gutachter" angeheuert werden, die (zumindest entsprechend des c't-Artikels) gar keine staatlich bestellten Gutachter sind und sein dürfen und meines Wissens nach dementsprechend auch nicht vor Gericht als Gutachter gehört werden dürfen.

Trotzdem wird ihnen blind vertraut. Dürfte aber vor allem daran liegen, dass sich (a) die Staatsanwaltschaften und Gerichte möglichst wenig Arbeit machen wollen und (b) die GVU hier kostenlose "Gutachten" verteilt, die man ja so viel günstiger hernehmen kann, als die teuren Dinger von den Unabhängigen. Bei denen kommt zum Schluss dann ja doch das gleiche raus. Kostet nur mehr.

Oder vielleicht doch nicht?

Andre Heinrichs am :

Ich weiß nicht, ob die GVU vielleicht den Zugang zu amtlich bestellten und vereidigten Gutachtern vermittelt, die also auch vor Gericht gehört werden dürften, aber dann frage ich mich schon, warum die GVU die denn 'für lau' vermitteln muss. Warum die Statsanwaltschaft und das Gericht (beides Organe der Rechtspflege, und damit eigentlich den Gesetzen verpflichtet) derartige Angebote dann annehmen, und nicht eher die GVU-Vertreter des Raumes verweisen, kann ich auch nur raten. Von der Seriösität des Gutachtens, wie es c't schildert, fange ich lieber gar nicht erst an.

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