Skip to content

Die GVU und die Parteilichkeit

In einem Urteil vom 14. August, auf das sich diese Heiseticker-Meldung beruft, hat das Landgericht Kiel festgestellt, dass die GVU nicht als unabhängiger Sachverständiger zu Durchsuchungen und Beschlagnahmen hinzugezogen werden darf.

Im konkreten Fall ging es darum, dass bei einer Durchsuchung ein Mitarbeiter der GVU anwesend war, der den untersuchten Rechner untersucht hat, und den Polizisten geraten hat, dass "sich eine Auswertung des PC lohnen würde", wie heise berichtet. Dass es sich bei solchen Tätigkeiten um Arbeiten handelt, die üblicherweise von unabhängigen(!) Sachverständigen erbracht werden, hat die Staatsanwaltschaft wohl nicht weiter interessiert. Vielmehr verbiete es sich, sehenden Auges "eine nicht neutrale Person zum Sachverständigen zu bestellen", wie heise aus dem Urteil wiedergibt.

eine besonders bizarre Tatsache an diesem Fall ist, dass anscheinend die GVU die sichergestellten Gegenstände mitgenommen, und untersucht hat, ohne dafür eine Erlaubnis der Strafverfolgungsbehörden einzuholen. Die GVU hat dann in Ruhe eine Strafanzeige verfasst, und diese zusammen mit den Geräten der Staatsanwaltschaft zukommen lassen. In dieser Tatsache sieht das Gericht einen Verstoß gegen die Strafprozessordnung, nach der nur die Strafverfolger die beschlagnahmten Geräte untersuchen, und notfalls einen Sachverständigen hinzuziehen dürfen. Der Vorliegende Fall fiele allerdings nicht unter diese Ausnahmeregelung, da die schleswig-holsteinischen Strafverfolger auch deutlich kompiliziertere IT-Fragen bewältigten.

Die GVU ist in letzer Zeit schonmal durch eine sehr enge Zusammenarbeit mit Strafverfolgern aufgefallen, was belegt, dass es sich bei dem schleswig-holsteinischen Fall nicht um einen Einzelfall handelt. Leider.

Nachtrag 01.11.: Auf Golem kann man auch Details aus dem Urteil nachlesen.

Gesellschaft zur Verbreitung von Unsinn

Dass die GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V.) in der Vergangenheit bei der Verfolgung von 'Raubkopierern' die rechtlichen Beschränkungen nicht ganz so eng gesehen hat, konnten wir ja bereits erfahren.

In der ab morgen im Handel erhältlichen c't wird davon berichtet, dass die Staatsanwaltschaft Würzburg eine Strafanzeige der GVU gegen eine Frau zum Anlass genommen hat, gegen eben diese Frau einen Haftbefehl zu erlassen. Was hat sich die Frau zuschulden kommen lassen? Nun, sie hat einer in China lebenden Freundin gebeten worden, dieser doch bitte ein deutsches Girokonto zur Verfügung zu stellen, damit die Freundin aus China DVDs über eBay nach Deutschland verkaufen kann. Dieser Bitte ist die Frau, die ursprünglich aus China stammt, dann nach rechtsanwaltlicher Beratung nachgekommen.

Einer der Kunden der Freundin vermeinte allerdings, er hätte eine illegale Kopie erhalten, und hat sich an besagte GVU gewendet. Die GVU hat daraufhin, wie es im Artikel so schön heißt, 'angeregt', den Kontoinhaber und den Besitzer des eBay-Accounts zu belangen. Aus nicht dargestellten Gründen hat die Staatsanwaltschaft dann aber nur die Kontoinhaberin ermittelt, und DVDs aus gerade beendeten Auktionen sichergestellt. Die GVU war dann auch so großzügig, kostenlos ein Gutachten darüber zu erstellen, ob die DVDs denn gefälscht seien, was sie dann auch recht erwartbar bejaht hat. Die GVU tritt also als Geschädigte und gleichzeitig als (unabhängiger?!?) Gutachter auf, was nach meinem Rechtsverständnis nicht passieren dürfte.

Das baden-württembergische Justizministerium sieht das wohl ähnlich, denn von dort stammt laut c't ein Schreiben, in dem angeordnet wurde, die GVU nicht als Sachverständigen zu beauftragen und auch nicht zu Hausdurchsuchungen mitzunehmen. Leider hat sich diese Überzeugung noch nicht in allen Bundesländern rumgesprochen, so dass die GVU auch weiterhin auf Klägerseite und als Gutachter auftreten könnte.

Über die Verwickelung der GVU in die Finanzierung von Servern, über die unlizenzierte Kopien angeboten werden, weiß der Artikel auch noch etwas zu berichten: Das Verfahren ist eingestellt worden, weil in Frankfurt keine Strafanzeigen von Rechteinhabern gestellt worden seien. Vielleicht haben die Rechteverwerter ja kein gesteigertes Interesse daran, dass ihr eigener Lobby-Verein als unseriös gilt? In dem Fall würde ich den Rechteinhabern aber dazu raten, dass sich ihr Lobby-Verein in Zukunft besser seriös verhalten sollte. Mir stößt diese Geschichte jedenfalls sehr sauer auf.

vorbeugende Datenweitergabe

Laut heise online fordert der Bundesrat, dass "Daten wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen" nicht nur "für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" herausgegeben werden sollen, sondern auch für etwas, was schwammig als "vorbeugende Bekämpfung von Straftaten" bezeichnet wird.

Wenn ich mal darüber hinwegsehe, dass die erste Formulierung schon jede Menge Schwammigkeit enthält, immerhin kann man ja recht einfach behaupten, man wolle Rechte am "geistigen Eigentum" durchsetzen, dann finde ich die präventive Weitergabe von Daten zur Identifikation einzelner Personen äußerst bedenklich. Ich meine mich erinnern zu können, dass jeder Bürger das Recht hat, Äußerungen anonym oder zumindest pseudonym zu tätigen.Dummerweise ist das wohl kein Grundrecht, weshalb die Länder wohl meinen, es einfach mal de fakto abschaffen zu können.

In dem Artikel wird als Beispiel angegeben, dass besagtes präventive Auskunftsrecht genutzt werden soll, "wenn auf einer Internetplattform Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen, Blankoformulare für Dienstausweise der Polizei oder Zugangsberechtigungen für einen bestimmten Flughafen angeboten werden". Die Ermittler müssten dann erfahren dürfen, wer diese Informationen veröffentlicht hat, und ob diese Person weitere Internetangebote veröffentlicht. Komisch, ich hatte bisher den Eindruck, zu dem Zweck gäbe es eine Impressumfspflicht für 'gewerbliche' Internetseiten.

Wenn sich die Verursacher dieses Vorschlags mit der Regelung erhoffen, auch Informationen über Teilnehmer an Internetforen zu erlangen, müssten sie Forenbetreiber als "die Anbieter von Tele- und Mediendiensten" bezeichnen. Wobei ich als Betreiber der Kommentarplattform dieses Blogs mich im Zweifelsfall außer Stande sehen müsste, die geforderten Informationen herauszugeben, und auch die Informationen, die ich eventuell über Kommentatoren habe, nur gegen eine entsprechende richterliche Anordnung verfügbar machen würde. Bei dem genannten Beispiel könnte es allderdings schwierig werden, die Anordnung zu erhalten, immerhin besteht ja auch hier mal wieder nur eine abstrakte Gefährdungslage, falls überhaupt von einer Solchen geredet werden kann.

Meine Hoffnung, dass auch diese Regelung vom Verfassungsgericht kassiert wird, erweitere ich damit von der Vorratsdatenspeicherung auch auf diese Überwachungsmaßnahme.

Vorratsdatenweitergabe?

Was heise online letzte Nacht berichtet hat, darf man wohl für brisant halten: Die Verbindungsdaten der EU-Bürger, die ja demnächst verdachtsunabhängig je nach nationaler Umsetzung zwischen 6 und 24 Monaten gespeichert werden sollen, könnten demnach auch an die US-Regierung herausgegeben werden.

Pikantes Detail am Rande: Eine Verbindungsdatenspeicherung ähnlich der Europäischen ist in den USA noch nicht beschlossen, wird aber vom Justizministerium angestrebt, unter dem Vorwand, Kinderpornographie besser bekämpfen zu können.

Ich finde die Möglichkeit, dass die Verbindungsdaten an US-amerikanische Behörden weitergegeben werden könnten, äußerst bedenklich. Immerhin sind die USA nicht gerade für ihren strengen DAtenschutz oder ihre hohe Achtung für Menschenrechte (insbesondere bei Nicht-US-Bürgern) bekannt.

Ich habe aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das entsprechende deutsche Umsetzungsgesetz vom Verfassungsgericht kassiert wird, weil die Umkehrung der Unschuldsvermutung eher nicht der 'freiheitlich demokratischen Grundordnung' entsprechen dürfte.

Überwachung, immer wieder

Der nordrhein-westühälische Innenminister Info Wolf hat einen Gesetzentwurf für ein neues Verfassungsschutzgesetz vorgestellt, nach dem 'eine ganze Reihe von Sonderbefugnissen, die dem Verfassungsschutz im Rahmen der Terrorbekämpfung zugestanden wurden, auf weitere Aufgabengebiete' erweitert werden können, wie heuse online heute berichtet.

Laut Pressemeldung des NRW-Innenministeriums werden die Befugnisse 'ausgewogenen Verhältnis zwischen Bürgerrechten und Befugnissen des Verfassungsschutzes' erweitert, und an die 'neue Bedrohung durch sogenannte "home-grown-Netzwerke" angepasst', was auch immer damit gemeint sein mag.

Wolfs Versicherung "Es ist nur der Extremist betroffen, von dem schwerwiegende Gefahren ausgehen – wie etwa ein geplanter Anschlag auf eine Synagoge." kann man glauben, ich tue es jedenfalls nicht. Pikant an dem Gesetzesentwurf: Dem Verfassungsschutz wird das Recht eingeräumt, 'heimlich auf informationstechnische Systeme auch mit Einsatz technischer Mittel' zuzugreifen.

Zur Begründung, warum jetzt auch das Internet überwacht werden müsse, wird Wolf im heise-Beitrag mit den Worten wiedergegeben, die Überwachung würde notwendig, da die mutmaßlichen Terroristen im Internet nach Anleitungen zum Bau von Bomben gesucht hätten. Na, da dürfen wir ja alle froh sein, dass die mutmaßlichen Terroristen nicht in den Wohnungen von Bürgern gesucht haben. Sonst müssten die zukünftig vielleicht auch überwacht werden. Ich frage mich beim Lesen solcher Texte immer, ob die verantwortlichen Politiker einfach nur den Knall nicht gehört haben, oder was solche Vorstöße erreichen sollen.

Sinnlose Überwachung mal wieder

Jetzt meinen also diverse Politiker, dass Bombenbauanleitungen im Internet für die (nicht funktionierenden(!)) Kofferbomben verwendet wurden, und dass deswegen das Internet überwacht werden muss.

So einen Unsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Wenn ich das richtig lese, wäre damit eine 'Anleitung' im Stil von

Um eine Bombe zu bauen braucht man einen Sprengstoff und einen Zünder, die man entsprechend zusammensetzt.

verboten und dürfte nicht veröffentlicht werden. Wenn einer der Politiker ernsthaft meint, dass eine solche 'Anleitung' nicht veröffentlicht werden sollte, darf er sich ja gerne bei mir melden, damit ich ihm mal erzähle, warum der obige Text in meinen Augen schlicht und einfach trivial ist. Aber vielleicht benötigen Politiker ja solche Anleitungen. Deswegen hier noch ein Tipp: Vergesst nicht, regelmäßig ein- und auszuatmen.

Borniertheit?

Was mag wohl der Grund dafür sein, dass das Bundesjustizministerium an der Vorratsatenspeicherung festhält, obwohl es ja ein Gutachten gibt, was das Vorhaben zumindest für rechtlich fragwürdig eingestuft hat? Darüber kann ich nur rätseln, aber meinem Unmut darüber möchte ich dann hier doch Luft machen.

Die Vorratsdatenspeicherung halte ich nicht nur für unsinnig, sondern auch für unnötig und potenziell gefährlich. In der deutschen Verfassung sind nicht grundlos einige Grundsätze verankert wurden. So gilt in Deutschland jede Person solange als unschuldig, bis ihre Schuld durch ein Gericht erkannt wurde. Gegen eben dieses Prinzip verstößt aber die 'verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung'. Es wird jeder grundsätzlich verdächtigt, etwas ungesetzliches tun zu können, was eine Überwachung der Kommunikation jeder Person nach sich zieht. Das immer wieder gern gebrachte Argument, dass sich niemand fürchten müsste, der unschuldig sei, zieht meines Erachtens auch nicht, weil es einfach so etwas wie eine Privatsphäre gibt, in der schlicht keine Überwachung egal welcher Art stattzufinden hat. Wie ich gestern schon geschrieben habe, erwarte ich von Leuten, die sich dieser Argumentation bedienen, dass sie sämtliche Informationen über ihre berufliche, private und sonstige Umgebung, Einstellung und Tätigkeiten offenlegen. Bisher ist mir leider noch niemand persönlich begegnet, der mich davon überzeugen wollte, dass er/sie nichts zu verbergen hätte, ansonsten hätte ich diese Person mal aufgefordert, sämtliche Informationen preiszugeben. Schade eigentlich.

Sympathisch ist mir bei der Diskussion dafür der Standpunkt von Jörg Tauss, der medienpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag ist und es sich nicht hat nehmen lassen, auf dem 22. Chaos Communication Congress einen Vortrag über das Informationsfreiheitsgesetz zu halten. Tauss hat angekündigt, eine Verfassungsbeschwerde zu unterstützen, falls erkennbar würde, dass der entsprechende Gesetzentwurf verfassungswidrige Züge trage.

Überwachung und mehr Überwachung

Jetzt gibt Innenminister Schäuble also zu, dass er "die Kontrolle des Internets verstärken" will. Wie genau das gegen Terroristen helfen können soll, ist genauso unklar, wie die genaue Art der Überwachung, berichtet Heise online. In Telepolis ist dazu auch ein kleiner Bericht dazu veröffentlicht worden.

In das Bild passt der gestrige Vorstoß gegen den Anonymisierungsdienst AN.ON des schleswig-holsteinischen Justizministers. Wenn es dann demnächst auch noch ein Verbot von Verschlüsselung geben sollte, dann wird der Terror ja ganz bestimmt verhindert. Terroristen halten sich ja garantiert auch an solche Verbote, beziehungsweise schreiben auf entsprechende Internetseiten, wann sie wie und wo Anschläge planen.

Einen recht ausführlichen Beitrag zum Themenkomplex Überwachung findet sich auf TP auch, neben einem kleinen Glossar zur Videoüberwachung gegen den Terror.

Wenn Politiker Anonymität nicht mögen

Der Schleswig-Holsteinische Justizminister Uwe Döring findet also Anonymisierungsdienste nicht gut. Laut dem Beitrag auf Heise online hält er es also für nicht mehr verantwortbar, dass Steuergelder für ein Projekt ausgegeben werden, was "Terroristen und Straftätern" ermöglichen würde, "unentdeckt Straftaten zu begehen".

Mit genau der gleichen Argumentation müsste aber jedwede staatliche Förderung eingestellt werden, die die Herstellung potenziell gefährlicher Stoffe unterstützt. Und zu den potenziell gefährlichen Stoffen gehören sowohl jede Form von Waffen (Schusswaffen, Sprengstoff, aber auch Messer), als auch von Haargel (was ja angeblich die britischen Terroristen verwenden wollten, um Flugzeuge zu sprengen), als auch jede Form von Brennmaterial (es könnte damit ja jemand angezündet werden).

Das ist aber noch lange nicht alles, was Herr Döring so von sich gegeben hat. Er ließ es sich nicht nehmen, den Anonymisierungsdienst als eine Einladung an "Kriminelle etwa im Bereich Kinderpornografie, und an Terroristen" zu bezeichnen, sich dieser Technik zu bedienen. Weiter behauptete er dann noch, man sei im Anti-Terror-Kampf darauf angewiesen, sehr schnell Informationen zu bekommen, was durch den Dienst "geradezu verhindert" würde.

Der Herr Döring will uns jetzt bestimmt noch erzählen, er habe ja nichts zu verbergen. Deswegen schlage ich vor, dass er sofort seine sämtlichen geschäftlichen und privaten Kontakte veröffentlicht, über seine politischen, religösen und philosophischen Gesinnungen Auskunft erteilt, und seine biometrischen Merkmale zur Verfügung stellt. Zusätzlich sollte Herr Döring dann auch seine Inernetaufrufe und sämtliche Telefonverbindungsdaten veröffentlichen. Wenn er das nicht tut, erlaube ich mir mal die Frage, ob er nicht vielleicht doch etwas zu verbergen hat.

Das Schleswig-Holsteinische Unabhängige Datenschutzzentrum hat es sich auf seiner Internetseite nicht nehmen lassen, sich zu den Vorwürfen zu äußern, und unter dem Titel "Hände weg von AN.ON" eine Pressemitteilung eingestellt.

Wirklich interessant werden die Forderungen natürlich , wenn man sich bewusst ist, dass die Vorratsdatenspeicherung ja schon längst beschlossene Sache ist. Dazu passend findet sich auf der gleichen Seite eine Meldung, die darauf hinweist, dass 2006 nicht zum Jahr der Vorratsdatenspeicherung werden dürfe, auch wenn es dafür vielleicht schon zu spät ist.

rechtlich fragwürdig

Ist offensichtlich die geplante verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung. Das geht zumindest aus einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hervor. Heise online berichtet aus dem Gutachten, dass es erhebliche Bedenken sowohl über die Wahl der Rechtsgrundlage, als auch mit der Vereinbarkeit der Speicherung mit der EU-weit anerkannten Grundrechte gibt. Nach dem deutschen Recht sei die Speicherung mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und mit dem Telekommunikationsgeheimnis unvereinbar.

In dem Zusammenhang ist ein Urteil des Verfassungsgericht zur Rasterfahndung interessant, in dem die "globale und pauschale Überwachung" auf Basis einer allgemeinen Bedrohungslage als verfassungswidrig erklärt wurde. Diese Verfassungswidrigkeit dürfte sich wohl auch auf die Speicherung von Verbindungsdaten auf Vorrat gelten.

Wobei mich so spontan mal interessieren würde, ob es Sanktionen aus Brüssel gibt, wenn die verfassungswidrige Speicherung eben nicht gesetzlich festgelegt wird. Für den Fall, dass die Vorratsdatenspeicherung doch kommen sollte, bin ich dank TOR und Privoxy seit gestern gerüstet. Da sind dann selbst die Verbindungsdaten, die ich erzeuge, nicht besonders aussagekräftig.

Wen überrascht das?

Mal ganz ehrlich, ist jemand davon überrascht, dass diverse Politiker eine Ausweitung der 'Anti-Terror-Datei' fordern? ICh bi jedenfalls nicht besonders überrascht, dass Forderungen wie die des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann aufgebracht wurden. Dem Minister reicht die geplante Index-Datei nicht, er findet es unzureichend, dass "weder die Religionszugehörigkeit noch der Besuch in Ausbildungslagern" abgespeichert würden sagte Schünemann gegenüber der FTD. Zusätzlich wünscht er sich noch ein freies Textfeld, "in dem besondere Erkenntnisse angegeben werden". Warum die Angabe von Aktenzeichen für Schünemann zu wenig wären, legt er im FTD-Beitrag leider nicht dar. Dafür steht da, dass er nicht nur Terrorverdächtige, sondern auch Extremisten in der Datei abgespeichert sehen will, was ja benötigt würde, um ein vollständiges LAgebild zu erhalten. Da frage ich mich doch glatt, wie die entsprechenden Behörden bisher arbeiten konnten, wo doch nichtmal die Terrorverdächtigen zentral gespeichert werden.

Wobei ich mich gerade frage, ob auch Leute Terrorverdächtig sind, die unter der Bevölkerung grundlos Angst (terror lat. Angst) verbreiten? Dann müssten aber diverse Innenminister und Polizeichefs in die Datei aufgenommen werden. :thinking:

Aber ich schweife ab. Die Vorschläge des CDU-Politikers stoßen nicht auf ungeteilte Zustimmung. Der Vizefraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, Fritz Rudolf Körper, zum Beispiel hat sich gegen diese Ausweitung der, als Indexdatei geplanten, 'Anti-Terror-Datei' ausgesprochen, indem er "berechtigte rechtsstaatliche Bedenken gegen diesen Ansatz" anführt. Auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sich auch zuvor schon dahingehend geäußert hatte, dass die bestehenden Maßnahmen doch ausreichend seien, wendet sich gegen die Ausweitung der Datei, die sie als Verfassungswidrig bezeichnet. Die Chefin der Grünen, Claudia Roth, meint, eine Volltextdatei verstoße gegen die grundgesetzlich geforderte Trennung der Polizei und der Geheimdienste. Dass die Linkspartei sich gegen die Vorschläge stellt, überrascht dann auch nicht weiter.

Im Heise-Beitrag kann man mehr Details nachlesen.

Interessant finde ich die gestrige Radio-Meldung, dass Innenminister Schäuble ein Verbot von Flüssigkeiten an Bord von Flugzeugen für ganz Europa fordert. Vielleicht sollte mal jemand dem Herrn Schäuble den Text von Bruce Schneier zu dem Thema der Wirksamkeit der nachträglichen Verbote zu lesen geben. Das allerdings nur, wenn Herr Schäuble nicht nur Angst (=Terror) verbreiten will.

Hoffentlich wird's nie wahr

In Anbetracht der Tatsache, dass die Diskussion um Datenschutz als "Täterschutz" wieder aufflammt, habe ich im Zusammenhang mit der Gesundheitskarte eine Horrorvision: Wenn die zentrale Datenspeicherung der Gesundheitsdaten erst einmal da ist, braucht es nurnoch einen Grund, bis Politiker einen Zugriff darauf verlangen. Die Begründung dürfte dann in etwa so aussehen, dass es ja nicht sein könne, dass $Straftat nicht aufgeklärt werden kann, weil die Erkrankungen aller Bürger nicht für die Amtsträger zugänglich sind.

Kann mal bitte jemand diese Vision zerstören? Bitte?

Spionage

Heute wurde uns auf Arbeit erzählt, dass bei einer Ausschreibung eine Firma, die nicht den Auftrag erhalten sollte, gegen die Ausschreibung protestiert hat. So weit ist das noch nichts wirklich ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist allerdings, dass eben diese Firma wohl Daten hatte, die eigentlich nur innerhalb unserer Firma vorhanden gewesen sein sollten. Leider ist wohl nicht bekannt, wie diese Zahlen nach außen gedrungen sind. Das heißt aber eben nicht, dass man jetzt von Firmen-Seite darüber nachdenken würde, Mails an Stellen auerhalb unseres Mail-Systems zu verschlüsseln. Stattdessen wurden wir darüber informiert, dass wir doch bei Fragen von externen Mitarbeitern vorsichtig sein sollen. Mich bringt das aber dazu, dass ich mich sehr demnächst mal intensiver mit dem Thema Mail-Verschlüsselung befassen will. Mal schauen, ob sich da etwas machen lässt.

noch mehr Rechtsverständnis

Nach den gestern hier dokumentierten Fällen von eigenwilligem Rechtsverständnis gibt es auch heute wieder einen neuen Fall: Diesmal ist ein Musterformular, das vom Bundesjustizministerium zur Verfügung gestellt wurde, mit dem Händler einen Formulierungsvorschlag zum Rückgaberecht bei Bestellungen im Bereich des 'Fernabsatzes' (also per Internet oder Telefon) erhalten. Die Formulierng des Musterformulars war dem Landgericht Halle zu ungenau, wie man auch dem hier dokumentierten Urteil entnehmen kann.

Nachdem ich mir die Muster-Formulierung durchgelesen habe, kann ich nachvollziehen, warum das Gericht den Text nicht für eindeutig hält. Immerhin besagt der zweite Absatz des hier relevanten Paragraphen 312d des Bürgerlichen GesetzBuches, dass die Widerrufsfrist frühestens mit der Lieferung der Ware beginnt, was aus dem Mustertext nicht erkennbar ist. Immerhin steht da "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.".

Unklar ist mir allerdings, wie es dazu kommen konnte, dass das Bundesjustizministerium, also eigentlich das Ministerium, bei dem man hohe juristische Kenntnisse erwarten würde, eine so schwammige Formulierung veröffentlichen konnte. Diejenigen Händler, die darauf vertraut haben, dass die Formulierung des Ministeriums schon stimmen würde, sind jetzt die Gekniffenen. Laut dem Heise-Beitrag steht Händlern, die die Formulierung übernommen haben, und dadurch Schäden erleiden, möglicherweise sogar ein Regressanspruch gegenüber dem Ministerium zu. Als Steuerzahler möchte ich hiermit den verantwortlichen Mitarbeitern des Ministeriums herzlich dafür danken, dass sie so großzügig mit meinen Steuergeldern umgehen.

Rechtsverständnis II

Ein ähnlich eigenwilliges Rechtsverständnis darf man wohl dem Kasseler Polizeichef Wilfried Henning bescheinigen, der laut einem Beitrag im Heise-Ticker Zugriff auf Daten haben will, die für die LKW-Maut erfasst wurden.Das entsprechende Gesetz besagt sehr deutlich: "Diese Daten dürfen ausschließlich für die Zwecke dieses Gesetzes verarbeitet und genutzt werden. Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig.". Dass Herr Henning bei diesem Wunsch vom bayrischen Innenminister Beckstein unterstützt wird, überrascht mich nicht, denn der hat bekanntlich in der Vergangenheit oft genug deutlich gemacht, dass er Datenschutz als Täterschutz empfindet.

Zum Glück gilt in Deutschland immernoch das Prinzip, dass im Zweifelsfall für den Angeklagten entschieden werden muss. Wenn also die Polizei nichts anderes hat, als die Vermutung, dass der Fahrer eines LKW einen bestimmten Mord begangen hat, reicht es in meinen Augen längst nicht aus, alle LKW-Fahrer unter Generalverdacht zu stellen, die in der fraglichen Zeit auf einem bestimmten Autobahn-Abschnitt unterwegs waren.

Zum Abschluss noch ein Zitat aus dem Heite-Beitrag: "Falls der Täter mit einem Lastwagen unterwegs war, müssten ihn die Mautbrücken erfasst haben, so die Theorie des Polizeichefs."
Stimmt. Falls man eine Pfütze in der Nähe der Leiche gefunden hätte, hätte der Täter auch ein Fisch sein können, den man durch ausreichend intensive Befragung schon zum Reden gebracht hätte.

Dazu passt dann auch wieder die Diskussion im lawblog, dass Kritik angeblich die Polizei behindert.

Nachtrag: Die politischen Reaktionen werden auch weiter im Heise-Ticker dokumentiert.