Skip to content

Un-Hürde

Aus der "Told you so!"-Ecke: Das Bundesverfassungsgericht hat gestern über die 3%-Hürde bei der Europawahl geurteilt, die letztes Jahr von der riesengroßen Koalition (alle damals im bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der Linken) beschlossen wurde Und das Urteil lautet wie erwartet: Die Hürde ist nicht gerechtfertigt, und damit nichtig. Das hatte das Gericht 2011 bereits festgestellt, als die damalige 5%-Hürde zur Verhandlung stand.

Da hatte das Gericht auch Regeln formuliert, nach denen es zu dem Ergebnis gelangt war: Das EU-Parlament ist weder ein vollwertiges Parlament (Stichwort: Initiativrecht), noch wird es nach den Regeln für eine Wahl gewählt: Frei, gleich und geheim. Frei und Geheim kommen zwar ungefähr hin, aber Stimmen in verschiedenen EU-Staaten sind verschieden gewichtet. Und außerdem wählt das Parlament keine Regierung, für die zu viele Kleinere Parteien hinderlich sein könnten. Mal ganz davon abgesehen sind die Hürden zum Einzug in das EU-Parlament sehr uneinheitlich in den verschiedenen Staaten. Da gibt es von keiner Hürde (abgesehen von den Stimmen, die ein Abgeordnetenmandat darstellen) bis zur 5%-Hürde alles. Ergebnis der Betrachtung: Es gibt keinen Grund für irgend eine Hürde im deutschen Wahlrecht für die EU.

Das war auch dem Innenministerium klar, wo bekanntlich Juristen dem damaligen Minister ein Gutachten geschrieben haben, in dem sie von der 3%-Hürde abgeraten haben, aber der Verfassungsbruch hat sich nicht dafür interessiert. Und so ist dann ein zweites Wahlrecht vom Verfassungsgericht kassiert worden, für das IM Friedrich verantwortlich war. Wie viele Zeichen für einen Verfassungsfeind braucht es eigentlich noch? Stattdessen wird gegen Friedrich nur ermittelt, weil der seine vorlaute Fresse gegenüber dem SPD-Chef nicht gehalten hat, in Sachen Edathy. Dabei wäre es doch viel ergiebiger, den Mann unter strenge Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst zu stellen, da er offenbar jede Gelegenheit nutzt, die Freiheitlich Demokratische Grundordnung abzuschaffen. Oder es zumindest zu versuchen.

Trüffel

Neue Veröffentlichung aus dem Schnüffel-Topf: Die Geheimdienste (hier vor allem der/die/das britische GCHQ) schnüffeln nicht nur alles ab, sondern betreiben zusätzlich noch das, was im Stasi-Handbuch als Zersetzung bezeichnet wurde. Da werden also Lügen und Halbwahrheiten über Personen verbreitet, um deren Reputation zu zerstören. Und das betrifft natürlich nicht nur angebliche Terroristen, sondern so ziemlich alle Personen, die die Geheimdienstler aus irgend welchen Gründen schädigen wollen. Wenn ich da eine aktuelle Verschwörungstheorie wittern wollte, würde ich die Selbstzerfleischung der Piraten in der Ecke ansiedeln, aber die sind schon zu lange zu selbstzerstörerisch tätig, als das da nur Geheimdienste Schuld dran sein könnten.

Übrigens: Mit der Veröffentlichung jetzt sind die Schnüffeldienste nicht mehr nur in ungefähren Tätigkeitsbereichen, wo Böse Geheimdienste (Stasi) tätig waren, sondern sie tun genau das, was die Stasi auch getan hat. Ob das dann vielleicht mal den angeblichen Freiheitskämpfer im Bundespräsidialamt aufweckt, oder die angeblich ach so unterdrückte Bundeskanzlerin? Darauf wetten würde ich eher nicht.

De Schnüfflere

Neueste Meldung aus dem Schnüffel-Bereich: Statt Merkel soll jetzt vermehrt der frühere Kriegs- und jetzige Terrorminister überwacht werden. Quelle dafür ist ein Schmierenblatt des Springer-Verlags, was die Information angeblich von einem NSA-Vertreter haben will, also nicht Snowden.

Da fallen mir spontan mehrere Reaktionen ein: Einerseits traue ich dem Schmierenblatt nicht, und einer anonymen NSA-Quelle von denen schon gleich noch weniger. Andererseits frage ich mich, was an dem Wort Alle so schwer zu verstehen war. Die NSA schnüffelt Alle Personen weltweit aus. Dazu gehören auch der Herr Terror, die Kriegsministerin, der Justizminister und so weiter. Wobei sich die Minister ja relativ leicht schwerer abhörbar machen könnten, indem sie einfach die ihnen zu dem Zweck bereitgestellte Technik verwenden. Von Wanzen in den jeweiligen Ministerien ist bisher jedenfalls nicht berichtet worden.

Übrigens finde ich die Ironie schon sehr belustigend, wenn gerade der Minister überwacht wird, der vor bummelig vier Jahren davon faselte, dass noch im November (2010 war das, wenn ich mich nicht irre) ein ganz schlimmer Anschlag käme. Als der November vorbei war, fand der Herr De Terriere, es gäbe keinen Grund zur Entwarnung. ISt eigentlich inzwischen der November 2010 mal vorbei? Soweit ich das mitbekommen habe, ist der Herr Minister den Lügen einer einzelnen Person aufgesessen für die Warnung.

Mindestdiät

Wenig überraschend: Die riesengroße Koalition hat beschlossen, dass Bundestagsabgeordnete deutlich mehr Geld für ihre Tätigkeit bekommen sollen. Gegen eine gute Bezahlung für gute Arbeit hätte ich ja nichts, aber hier gibt es zwei klitzekleine Haken: Erstmal habe ich nicht das Gefühl, dass alle Parlamentarier gute Arbeit leisten (und ernsthaft bewertet werden die auch nie), und dann ist da noch der Haken, dass viele Abgeordnete neben dem eigentlichen Vollzeitjob noch weitere bezahlte Tätigkeiten haben. Im Fall des SPD-Nichtkanzlers ist das ja letztes Jahr groß durch die Medien getragen worden, dass der über vier Jahre insgesamt 1,25 Mio Euro an Einnahmen für Vorträge erhalten hat. Ich weiß nicht, wie die Ansprüche des Herrn Nichtkanzler aussehen, aber ich könnte von der Summe alleine mehr als fürstlich leben.

Nun gönnen sich die Abgeordneten also eine herzhafte Gehaltserhöhung, unternehmen gleichzeitig aber nichts dagegen, dass bei den Wählern (das sind wir alle) der Eindruck aufkommt, dass sie trotzdem weiter käuflich sind (da war mal was mit Abgeordnetenbestechung, die nur in sehr wenigen Ländern nicht strafbar ist). Ein Angriffspunkt wären ja die Nebenjobs, weshalb ich mir im Rahmen der Steinbrück-Geschichte ja mal eine Idee ausgedacht habe: Ein Bundestagsabgeordneter darf neben seinem Beruf als Bundestagsabgeordneter noch bis zu einem bestimmten Level aus Nebenjobs Geld erhalten, sofern das richtig versteuert wird. Alles, was darüber hinausgeht an Einnahmen, wird ihm von den Diäten abgezogen, so dass der Anreiz für zu gut bezahlte Nebenjiobs zumindest nicht alleine vom Geld kommen kann. Und wenn ein Abgeordneter so viel aus Nebenjobs einnimmt, dass auch ohne Diäten das Limit überschritten wird, verliert der für die Zeit jegliches Stimmrecht im Bundestag, weil ganz offensichtlich die Tätigkeit als Abgeordneter einen zu geringen Teil der Aktivitäten des "Abgeordneten" ausmacht.

Mit der Forderung bin ich aber ziemlich alleine weit und breit. Leider. Dabei wäre es doch wirklich mal spannend zu sehen, wie Scheinabgeordnete versuchen würden, die Regeln zu umgehen, oder zu begründen, warum das denn nicht akzeptabel wäre. Mal ganz davon abgesehen, dass mir als Vorlage für das Konzept ja das Verhalten des Staates gegenüber den Ärmsten, den Hartz IV-Empfängern diente. Bei denen sind Sanktionen weit unter der zum überleben minimal benötigten Summe ja an der Tagesordnung.

BundesVDS

Eine Meldung aus der 'aber sonst soll das ok sein?'-Ecke: Der Bundestag speichert Verbindungsdaten verdachtsunabhängig für drei Monate. Und nachdem das bekannt wurde, fangen Abgeordnete das Geheul an, dass das doch nicht ginge, und das wäre ja wie eine Verdächtigung Aller, und überhaupt. Dazu fällt mir dann nur so viel ein: Ja, habt ihr Recht. Wenn alle Verbindungsdaten von allen Personen gespeichert werden, ist das schlecht. Und jetzt schafft eure fetten Ärsche nach Brüssel, und kippt die EU-Richtline! Oder sorgt dafür, dass der Justizminister das Problem versteht, und gar nicht erst daran denkt, ein entsprechendes Gesetz zu machen. Und selst wenn der auf die Idee kommt, setzt ihr gefälligst alle Mittel ein, um es zu verhindern. Weil: Jetzt, wo ihr es mal selbst erlebt, wie blöd das ist, fällt euch vielleicht irgendwas auf.

Gesetzdathy

Die Geschichte rund um den ehemaligen Abgeordneten Edathy geht immer noch weiter. Nachdem der Innenfriedrich zurückgetreten ist, schäumt die CSU in Person ihres Großen Vorgesetzten, dem Seehofer. Und zwar findet der das voll blöd, dass der Oppermann verraten hat, dass der Friedrich dem Gabriel verraten hat, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Edathy was hat. (Der Satz ist extra kindisch geschrieben, weil sich genau so das Verhalten von Seehofer anfühlt) Friedrich hat jetzt ein Interview gegeben, und im Wesentlichen gesagt, dass er auf Gesetze scheißt, weil er findet, dass er legal gehandelt hätte. Und wenn da Gesetze gegen stünden, müssten die halt geändert werden.

Die nächste spannende Story kommt von Oppermann. Gabriel will dem ja nicht gesagt haben, dass Friedrich ihn informiert hat. Wo also hatte Oppermann die Info her, dass dem Edathy ein Verfahren drohen würde? Oppermann sagt, er hätte einfach beim BKA-Ziercke angerufen, und der hätte ihm gesagt, nein nicht gesagt, nur das Gefühl vermittelt, dass da ein Verfahren käme. Weil es ja auch ganz natürlich ist, dass ein Politiker beim Chef des Bundeskriminalamtes anruft.

Edathy hat zu der Frage, woher er denn wüsste, dass ihm ein Verfahren drohen würde, gemeldet: Im November 2013, als die Presse über die "Sprengung" eines "Kinderporno-Rings" informiert wurde, da sei ihm eingefallen, dass er bei der einen Firma da tatsächlich mal Bilder und/oder Videos gekauft hätte, die er aber für legal hielt. Mit der Einschätzung ist er dann auch nicht alleine, denn im Wesentlichen hat die Staatsanwaltschaft das auch gesagt. Wie der Kauf von legalen Bildern und/oder Videos dann einen Anfangsverdacht rechtfertigen soll, mag vielleicht dem Staatsanwalt einleuchten, mir erschließt sich die Zwangsläufigkeit jedenfalls nicht. Aber spannendes Nebenbei: Edathy hat seinen Dienst-Laptop als gestohlen gemeldet, sein früheres Büro, was eigentlich hätte verschlossen sein sollen, darf inzwischen schon eine andere Abgeordnete nutzen. Ich weiß ja nicht, welche Verschwörungstheorie ich glaubwürdiger finden soll: Dass jemand Edathy etwas anhängen will, oder dass jemand ihn schützt, oder gar beides gleichzeitig. 

Aber eine weitere Wortmeldung gab es noch: Ein "Deutscher Kinderschutzbund" hat sich in die Presse gekullert mit der Forderung, dass alle Bilder on unbekleideten Kindern illegal werden sollten, weil es ja nicht sein könne, dass jemand wie der Edathy sich die kaufen kann, und dafür dann nicht in den Knast geworfen würde. Oder so ähnlich. Dass es mit Anscheins- und Jugendpornografie sowie der Tatsache, dass auch Texte und Zeichnungen bereits verboten sind, dass muss den angeblichen Kindeschützern wohl glatt entgangen sein. Jedenfalls wüsste ich nicht, wem damit geholfen wäre, wenn jegliche Abbildung verboten wird von unbekleideten Personen unter einem willkürlich festgelegten Alter (ab dem sie halt nicht mehr aussehen, als könnten sie nicht volljährig sein). Kindern hilft man so eher nicht, mal ganz davon abgesehen, dass eine Änderung der Gesetze jetzt das Verhalten des ehemaligen Bundestagsabgeordneten nicht nachträglich illegal werden lässt.

Was der ganze Kram aber ziemlich gut schafft: Ablenkung von anderen Themen. Wobei ich so Dinge wie Revolten in Ukraine und Thailand nicht besonders spannend finde, und irgend welche Geschlechtsteil Riot-"Sängerinnen", die in Sotschi verhaftet werden, interessieren mich auch eher gar nicht. Aber wer weiß, welche wichtigen Meldungen es so nicht in die Nachrichten schaffen.

Gegenschnüffel

Komische Idee aus dem Geheimdienst-Bereich: Wo doch inzwischen klar ist, dass fremde Geheimdienste in und nach Deutschland schnüffeln, könnte man die ja umgekehrt auch mal überwachen.Da frage ich mich doch spontan, was denn die sogenannte Spionageabwehr so gemacht hat, die letzten 25 Jahre. Nach dem Untergang der Bösen (kommunistischen) Staaten gab es dort ja nicht mehr allzu ernstzunehmende Feinde. Haben die Anti-Spione dann ihre Arbeit eingestellt? Und warum tun die alle so überrascht, dass die Westmächte hier schnüffeln? Mir drängen sich da spontan zwei Alternativen auf: Entweder sind deutsche Geheimdienste seit Jahrzehnten völlig inkompetent, oder die sind extrem schwer von Begriff. Oder eine Kombination davon. Inwiefern da jetzt wirksame Gegenspionage (auch noch mit lautstarker Ansage) erfolgreich sein kann, wage ich mal zu bedreifeln.

Frietritt

In der Edathy-Geschichte ging es noch um einiges weiter. Erst fielen irgendwo Details zu den Vorwürfen raus, Videos aus dem FKK-Bereich von Kindern aus dem Altersbereich 8-14 (nicht unbedingt, was man von einem Bundestagsabgeordneten erwarten würde, aber auch nichts Verbotenes), dann kam am Donnerstag die Info auf, dass die SPD-Spitze wohl schon im Oktober informiert worden wäre vom damals noch geschäftsführenden Friedrich. Dann schwappte eine Meldung an mir vorbei, dass ja alle LKAs darüber Bescheid gewusst hätten, und Oppermann (SPD, zu dem Zeitpunkt nur Innenpolitiker) hätte sich von Ziercke (auch SPD, spielt den BKA-Chef) die Vorwürfe bestätigen lassen. Ziercke leugnet nicht das Gespräch, will aber nichts dazu gesagt haben (Vorratsdatenspeicherung hätte da auch nichts geholfen). Und dann fiel der Opposition auf, dass es schon sehr eigenartig ist, wenn ein Bundesminister des Inneren mit irgendwem über ein laufendes Ermittlungsverfahren redet. Eigentlich gehört sich das nicht. Da gibt es sogar einen eigenen Straftatbestand für.

Am Freitag wurden dann Forderungen nach einem Rücktritt des Agrarministers laut, die der damit gekontert hat, dass er glaubte, alles sei legal gewesen, was er getan hätte. Nun, für sowas gibt es hier im Land Leute, die das professionell einschätzen können. Dann hat wohl jemand dem Friedrich erklärt, dass ihn niemand schützen würde, und so hat er Freitag Mittag verlautbaren lassen, er trete erst zurück, wenn es ein Ermittlungsverfahren gäbe. Das lässt sich ja noch ganz billig einrichten, wenn man weiß, dass Staatsanwälte dem Justizministerium unterstehen. Und so ist es auch wenig überraschend gewesen, als Freitag gegen 16 Uhr Meldungen rumgingen, dass der frühere Innenterror zurücktreten würde.

Spannend daran: Der Friedrich ist damit (wie es Andreas Bogk auf Twitter so passend formulierte)  über eine Kinderpornoaffäre gestolpert. Ohne Kinder. Ohne Sex. Eines anderen. Schade finde ich das nur insofern, als ihm eigentlich die Schnüffel-Affäre, die er auszusitzen versucht hat das Amt schon hätte kosten müssen. Aber da hat ja der Generalbundesanwalt seinen Hintern auch ein halbes Jahr nach deren Beginn immer noch nicht erkennbar bewegt. Dann steht dem Grokodil schon die erste Umbildung an nach nicht einmal zwei Monaten Regierung, von denen auch noch einige Zeit in den Ferien versackt sind. Nun ist so ein Agrarministerium zwar kein wichtiges Ministerium, aber für den Proporz wird Seehofer wieder etwas verlangen. Mal sehen, welche Idiotie uns da noch erwartet.

Unterhelt

In letzter Zeit häufen sich gefühlt die eigenartigen Gerichtsurteile. Hier gibt es wieder eins. Anders als bei den Urteilen der Landgerichte Köln oder Saarbrücken hat hier der Bundesgerichtshof geurteilt, und es ging auch mal nicht um Urheberrechte, sondern um Unterhalt. Und zwar um die Kosten für die Pflege eines Vaters, der sich bereits Jahre vorher so weit von seinem Sohn distanziert hatte wie nur möglich. Nachdem der Vater Pflegebedürftig geworden war, hatte das Sozialamt die Kosten übernommen, wollte die dann aber vom Sohn zurückerhalten. In dem Fall hat jetzt der BGH befunden: Kinder haften auch dann für ihre Eltern, wenn die mit ihnen nichts mehr zu tun haben wollten, weil als die Kinder klein waren, die Eltern sich ja um die Kinder gekümmert hätten. Oder so habe ich die Argumentation zumindest verstanden.

So richtig einleuchtend finde ich das aber nicht. Wenn der Vater doch schon vor Jahren jeglichen Kontakt zum Sohn abgebrochen hatte, und der auch nur den Pflichtteil an Erbe überhaupt bekommen hat, will mir nicht in den Schädel rein, dass der Sohn aber trotzdem noch für den Vater zahlen soll, den ja nur die Genetik überhaupt noch mit dem Sohn verbunden hat. Aber vielleicht gibt es zu dem Urteil noch irgendwo eine Erklärung, die mich nicht an der Korrektheit zweifeln lässt.

Edathsuchung

Der SPD-Politiker Sebastian Edathy hat am Wochenende verkündet, sein Abgeordnetenmandat abzugeben, aus "gesundheitlichen Gründen". So weit wäre das mir keine Meldung wert, aber gestern schwappren dann Meldungen in mein Blickfeld, nach denen Wohn- und Büroräume des ehemaligen Abgeordneten durchsucht wurden. Ihm werde vorgeworfen, kinderpronografische Materialien zu besitzen, laß ich da. 

Edathy reagierte dann auch recht schnell, und widersprach (spannenderweise wohl auf Facebook) den Vorwürfen. Und dann verwieß er noch auf die Unschuldsvermutung, die er für sich in Anspruch nehme. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist er aber gar nicht vor Ort, sondern hält sich irgendwo im Ausland auf. 

Ob an den Vorwürfen etwas dran ist, kann ich nicht einschätzen, da soll sich die Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls ein Gericht drum kümmern. Was ich aber spannend finde ist die zeitliche Nähe des Rücktritts aus nicht näher erläuterten gesundheitlichen Gründen, und die Tatsache, dass der ehemalige Abgeordnete sich wohl ziemlich kurz nach seinem Rücktritt abgesetzt haben muss. Den Bezug auf die Unschuldsvermutung würde ich ihm ja einräumen, wenn denn der Herr Edathy nicht einer der lauteren Verfechter der Verdachtsumkehr gewesen wäre. Der feine Herr Sicherheitsabgeordnete hat sich nämlich lange für die verdachtsfreie Speicherung sämtlicher Kommunikationsverbindungsdaten eingesetzt, und damit eben die Unschuldsvermutung für alle Bürger des Landes eingeschränkt. Da fällt es mir schon schwer, ihm das Recht einzuräumen, bis zu einem rechtskräftigen Urteil weiter als unschuldig behandelt zu werden.

In Anbetracht der Enthüllungen dank Edward Snowden kann ich aber auch die Idee nicht ganz abschütteln, dass ein Geheimdienst ihm jetzt etwas in die Schuhe schieben wollte. Andererseits hat Edathy zwar den NSU-Untersuchungsausschuss geleitet, dabei aber nicht so deutlich auf die Geheimdienste eingeschlagen, dass die ernsthaft etwas bemerkt haben dürften.

Für mich bleibt hier kein Fazit, ich warte einfach ab, was die (inzwischen komischerweise nicht so gesprächige) Staatsanwaltschaft verlautbart (bei einem Abgeordneten Tauss war die Presse damals noch während der Durchsuchung informiert worden, fällt mir da ein). Und wenn sich die Vorwürfe als haltlos herausstellen, wie Edathy verkündet hat, dann wird der doch sciher erklären, wie die zeitliche Koinzidenz und seine akute Abwesenheit zustande kamen. Einen eigenartigen Beigeschmack haben die zufälligen Zufälle jedenfalls.

Gerirre

Neues aus der verrückten Gerichtswelt: Dieses Mal geht es ausnahmsweise mal nicht um das LG Köln, sondern das Landgericht in Saarbrücken, was der Meinung ist, ein Domain-Registrar sei haftbar für Urheberrechtsverletzungen, die auf eienr durch ihn registrierten Seite stattfänden. Mir will kein Vergleich dazu einfallen, für wie verrückt ich diese Meinung halte, deshalb belasse ich es beim Wort sehr. Was gut, dass Richter an Landgerichten nicht in der Medizin arbeiten, die könnten glatt auf die Idee kommen, Patienten zu erschießen, um sie zu "heilen".

BVerfGabe

Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit einer Klage gegen die Krisenmaßnahmen der europäischen Zentralbank befasst, und findet, dass die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar wären. Nachdem die Bank aber nicht nur deutschem Recht unterliegt, soll sich jetzt noch der euopäische Gerichtshof damit befassen, ob das EU-Recht die Maßnahmen vielleicht doch erlauben würde. Wenn ich das richtig mitbekomme, ist das der erste Fall, wo sich das BVerfG an den EuGH wendet. Bisher haben die Verfassungsrichter ihre Urteile ohne das europäische Gericht gefällt. Nachdem die EU es ja auch immer noch nicht auf eine ernstgemeinte Verfassung bringt (der Versuch dazu ist damals krachend gescheitert und dann als "Vertrag von Lissabon" unter anderem Namen wiederauferstanden), frage ich mich ohnehin, ob es so etwas wie das deutsche Verfassungsgericht auf EU-Ebene überhaupt geben kann.

umgekehrte Selbstjustiz

Neues vom Schnüffel: Die deutschen Medien finden gerade spannend, dass auch der Gas-Gerd zu seienr Zeit als Kanzler abgehört wurde, während "Sicherheitskreise" davon schwafeln, dass Abhörprotokolle Merkels öffentlich werden könnten. Bei Gas-Gerd wäre es doch eher überraschend gewesen, wenn die Schnüffler ausgerechnet den nicht überwacht hätten, und zu Merkel fällt mir immer wieder nur das CDU-Motto ("Wer nichts zu verbergen hat hat auch nichts zu befürchten") ein. 

Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte: Der britische Schnüffeldienst soll nicht nur geschnüffelt haben, sondern auch aktiv Rechner angegriffen haben, die von anonymen Personen genutz worden sein sollen, die sich unter dem Label Anonymous bewegt haben sollen. Wenn ich mich da nicht schwer irre, haben westliche Regierungen doch schon rumgepoltert, dass derartige dDOS-Angriffe wie klassische Kriegshandlungen zu werten wären. Entsprechend hat dann also der britische Geheimdienst Krieg gegen Bürger aller möglichen Länder erklärt. in der analogen Welt wäre das ungefähr so, als hätte der Kapitän eines nuklear bewaffneten U-Bootes seine Raketen abgefeuert, und die wären explodiert. Da zeigt sich dann auch, dass die offizielle Reaktion sehr dünn ist: Die Briten behaupten, der Schnüffeldienst habe sich immer an alle Gesetze gehalten. Nicht mal ein "Huch, das wollten wir aber nicht" oder Ähnliches ist zu lesen gewesen. Die geben sich nichtmal mehr Mühe so zu tun, als wäre alles okay.

Urhebahnsinn

Es gibt mal wieder Wahnsinn rund ums Urheberrecht. Dieses Mal geht es um Fotos, die ein Netz-Nutzer auf der Bilder-Plattform Pixelio gefunden und legal für seine eigene Webseite genutzt hat. Zu den Nutzungsbedingungen gehört auch die Nennung des eigentlichen Fotografen, was der Netz-Nutzer auch wie vorgeschrieben von der Bilder-Plattform auf seiner Seite getan hat. Nun war aber der Fotograf der Meinung, dass der Hinweis ja nicht erscheint, wenn man die Bildadresse direkt aufruft, und ist vor Gericht gezogen. Das Landgericht Köln (ja, da war doch gerade erst was mit Urheberrechten und dem Landgericht Köln) meint jetzt, dass es nicht ginge, dass beim reinen Bildbetrachten nicht irgendwo der Fotograf genannt würde. 

Der Fall macht jetzt die Runde im Netz, weil mal wieder erstaunlich viel Dummheit im Dunstkreis der Urheberrechte und dem LG Köln auftritt. Da ist es nur umso putziger, dass besagtes Gericht ebenfalls Fotos von Pixelio auf seiner Webseite nutzt, die alleine betrachtet auch keinen Hinweis auf die jeweiligen Urheber enthalten. Ob da wohl mal jemand das Gericht mit seinem eigenen Urteil konfrontieren will...?

BSI-mehr-Fail

Apropos Versagen: Dass das BSI bei den angeblich Millionen an geleakten Mail- und Passwort-Kombinationen ziemlich gründlich versagt hat, hatte ich schon gewürdigt. Aber offenbar war das Versagen noch tiefer, denn das BSI hatte die Daten wohl nicht erst seit Dezember, sondern die wussten von Adressen der Bundesregierung bereits seit August, also bummelig ein halbes Jahr länger schon. Für einfaches behördliches Versagen reicht es da schon nicht mehr, und wirft die Verschwörungstheorie auf, wer denn noch seit wann die Daten hatte. So mancher Behörde mit Geheimdienst-Ambitionen ist ja zuzutrauen, dass sie erst nachsehen wollen, ob die Passwörter auch bei den Mailanbietern funktionieren. Und für besondere Langsamkeit ist ja eigentlich das BKA bekannt, was ja vor inzwischen fünf Jahren nach der Zensur-Infrastruktur geheult hat, weil es ja so schwer wäre, Missbrauchsdokumentationen aus dem Netz zu entfernen. Da liegt es einigermaßen nahe zu vermuten, dass das BKA erst eine Weile mit den Daten rumspielen wollte, bevor der Pöbel informiert wird.

Zutrauen würde ich es dem Amt mit der Bundeswanze jedenfalls.