Polfassung
VDSiff in Kraft
Seit Freitag um Mitternacht ist das Gesetz zur Speicherfrist und Höchstspeicherfrist (oder so ähnlich) in Kraft, mit dem die Regierung des Bundes beschlossen hat, dass sämtliche (bis auf E-Mail) verbindungsdaten sämtlicher Bürger für höchstens und mindestens zehn Wochen zu speichern sind. Das Gesetz ist eine Woche vorher vom Bundesgauck unterzeichnet worden, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, und eben zu Freitag in Kraft getreten. Immerhin sind damit die Hürden gefallen, um die Richter des Bundesverfassungsgerichts mit dem Gesetz zu belästigen, nachdem relativ offensichtlich auch DAten gespeichert werden, die die Polizei normalerweise nicht erfragen durfte. Und es hilft dem Beschuldigten wenig, dass die Polizei nicht die Verbindungsdaten seines Anwalts einsehen darf, wenn sein Anruf beim Anwalt aus seinen gespeicherten Daten erfasst und begutachtet werden darf. Mal ganz davon abgesehen, war der europäische Gerichtshof nicht sehr mehrdeutig in seinem Urteil zur damaligen Richtlinie: Eine verdachtslose Speicherung von Kommunikationsdaten aller Bürger ist wergen der Teile "verdachtslos" und "aller Bürger" ein Verstoß gegen die Grundrechte, da hilft Maas' Versuch wenig, die Regelung nicht für E-Mail-Daten anzuwenden.
...und ich hatte schon befürchtet, das Jahresende könne entspannt werden...
Schadtube
Erinnert ihr euch noch, wie vor zwei Jahren eine Abmahnwelle lief, bei der Personen dafür abgemahnt wurden, dass sie bei RedTube angeblich illegal Streams geschaut hätten? Die Abmahnungen waren ja reichlich dünn begründet, weil sich Streaming von außen schwer bis gar nicht nachweisen lässt. Mal ganz davon abgesehen, dass auch die Richter in Köln zu Unrecht die Herausgabe der Anschlussinhaber hinter einer ziemlich langen Liste an IP-Adressen abgenickt hatten (weswegen der Richtervorbehalt bei mir gerne Redtubevorbehalt genannt wird). Nun, der frühere Anwalt der Kanzlei Urmann + Collegen hat sich jetzt nach seiner Entlassung als Anwalt noch ein Urteil eingefangen, wo er für den von ihm verursachten Schaden haftet, denn die Abmahnungen, die ja in die tausende gingen, seien eine vorsätzliche unerlaubte Handlung gewesen. Ich hoffe mal für den Herrn Collegen^WUrmann, dass er, anders als bei der Wurstfirma, deren Insolvenz er verschleppt hat, hier genug Geld parat hat, oder eine wirklich gute Versicherung. In dem Fall könnte er den Vertrag aber beizeiten los sein, denn der Schaden dürfte sich eher nicht so knapp halten. (Lawblog und Internet-Law berichten)
Was mir ja bei der ganzen Geschichte auffällt: Die Behauptungen der angeblichen Urheberrechtsverletzungen waren sehr schnell in der Welt, die Abmahnungen dazu auch. Den ganzen Mist wieder einzufangen dauert aber auffallend lange. Immerhin ist die Abmahnerei gerade bummelig zwei Jahre her. Mal ganz davon abgesehen, dass da neben Urmel mindestens ein weiterer Anwalt beteiligt war, der weniger breit in den Medien aufgetaucht ist, und seine Anwaltszulassung vermutlich sogar noch hat. Raubmordkopierabmahnerei scheint kein ganz unlukratives Geschäft zu sein, wenn man es nicht absurd übertreibt.
BayDS
Tornichtgeeignet
Parima
SPDoof
Zschäge
Gestern war nun der Tag, an dem eine Stellungnahme der Angeklagten Beate Zschäpe in ihrem Gerichtsverfahren verlesen wurde.
Nach allem, was ich darüber mitbekommen habe, lässt sich der Kern so zusammenfassen, dass sie nie von Morden vorher gewusst hätte, eigentlich gar nicht in der NSU gewesen wäre, und auch sonst eher unschuldig wäre. Die Tötung der Polizistin und Verletzung ihres Kollegen wäre geschehen, weil die Täter neue Waffen haben wollten. Oh, und es tue ihr Leid, verlaß der Anwalt noch.
Mal ganz davon abgesehen, wie glaubwürdig solche Aussagen sein mögen, fühle ich mich dabei daran erinnert, was Die Bundes- und Landesämter zum Schutz der Verfaschung, sowie sämtliche bekannt gewordenen Polizei-Untersuchungen gemeldet haben, als ihnen vorgehalten wurde, doch nicht an mordende Nazis gedacht zu haben: Sie hätten alle nichts davon gewusst. Wenn nun die Anklage und das Gericht die Aussagen der Angeklagten als wahrheitsfern einstufen wollen, wäre es an der Staatsanwaltschaft, entsprechende Verfahren wegen Bewihilfe zu Mord auch gegen sämtliche Beteiligten in den Ämtern anzustrengen. Sonst ist das ganze doch wieder nur eine Farce, und beleidigt den Verstand jedes Beobachters.
Oh, und wenn wir schon mal dabei sind: sowohl die Geschichte mit der Polizistin, als auch die Umstände, unter der die beiden vermutlichen Täter gestorben sind, riechen auffallend fischig. Da wäre es in jedem Fall sinnig, wenn nochmal geprüft würde, wie jemand, der angeblich ein Feuer in einem Wohnwagen entzündet hätte es geschafft hat, vor seinem Tod durch Selbst-Erschießung keinen Rauch einzuatmen, wer Zeugen des Polizistenmordes kürzlich erst befragt hat, und was da nochmal genau mit welchen Phantombildern passiert ist, die irgendwie nicht zu den angeblichen Tätern passen, und so weiter. Ach ja: Hat eigentlich inzwischen schon jemand herausbekommen, was in den ach so unglücklich geschredderten Akten über die NSU beim Bundesverfaschungsschutz gestanden haben könnte? Und wann kommt die Akte der V-Frau Beate Z. eigentlich ans Licht?
EU-PNR
Kriegstimmung
Syrieg
Noch eine Politik-Meldung vom Wochenende: Die Regierung will das Militär in den Krieg in Syrien schicken. Konkret geht es 'nur' um Spionageflugzeuge (Neusprech: "Aufklärungsflugzeuge"), und als Begründung dient, dass Frankreich den EU-Bündnisfall ausgerufen hat. Völkerrechtlich ist die ganze Nummer aber ziemlich unklar. Ja, Frankreich hat einen Artikel aus der EU-Verfassung-die-nicht-Verfassung-heißen-durfte in Anspruch genommen. Aber nein, Frankreich hat auch keinen völkerrechtlichen Grund, Syrien oder Personen in Syrien angreifen zu dürfen. Die ominöse "Verteidigung" gegen $Terrormiliz ist alleine jedenfalls ziemlich dünn. Was ja als Grundlage geeignet wäre: Wenn die UN einen Einsatzfall beschlösse. Aber die UN hat komischerweise bis heute niemand gefragt, oder zumindest ist davon nirgendwo die Rede.
Ich frage mich ja spontan mal, ob der Kriegseinsatz zum Angriff auf Bevölkerung eines Landes den Tatbestand der Anstiftung eines Anngriffskrieges erfüllt. Das wäre dann nämlich nochmal eine Spur mehr illegal, sowohl nach nationalen Gesetzen, als auch international. Leider tendieren derartige Fragen dazu, erst Jahre später geklärt zu werden, so dass die Verantwortlichen unbestraft bleiben. Siehe: Jugoslawien.
Nolympia
Eine Geschichte vom späten Sonntag: Und zwar hat ja vor einiger Zeit Die Politik (hier: Ein Verein Deutscher Olympischer Sportbund) beschlossen, dass für die Austragung der olympischen Sommerspiele 2024sich die Stadt Hamburg bewerben möge, weil. Wenn es da eine Begründung gab, ist sie mir jedenfalls nicht begegnet. Seitdem gab es hier in der Stadt ziemlich weit verbreitet Werbung mit dem Slogan "Feuer und Flamme", einem rot-blauen Flammen-Logo, und nur schwach als Information getarnter Propaganda. Hintergrund der Werbung: Bevor die Stadt sich offiziell bewerben wollte, durfte das Wahlvolk noch eine relativ einfache Frage beantworten: Soll sie?
Die Wahlunterlagen kamen wie bei anderen Wahlen per Post, und anders als Wahlen zu Parlamenten, musste man sich nicht bemühen, sondern die Briefwahl-Unterlagen lagen dem Umschlag bei: ein kleiner Umschlag für den angekreuzten Stimmzettel, eine Erklärung, dass man das eine Kreuz alleine gemacht hätte, ein größerer Umschlag für den ersten Umschlag und die Erklärung.
Am Sonntag gab es für Freunde der Präsenzwahl noch die Möglichkeit in Wahllokalen abzustimmen, wo wohl wieder die großen früheren Mülltonnen als Wahlurnen dienen durften, die für die kleinen Zettel dann doch mehr als überdimensioniert waren. Selbst habe ich das nicht erlebt, hab ich doch schon vor einigen Wochen meine unterlagen einem Briefkasten anvertraut.
Und dann kam das Ergebnis: Aus nicht sehr offensichtlichem Grund dauerte es bis nach 21 Uhr, bis klar war, dass bei einer Wahlbeteiligung von 50,1 Prozent eine knappe Mehrheit (51,6%) mit Nein gestimmt haben. Die Stadt solle sich bitte nicht um olympische Spiele bewerben. So weit die Fakten.
Lustig wurde es dann bei den Reaktionen. Der Bürgermeister hat sich gegen 21 Uhr vor die Presse begeben und verkündet, dass die Stadt dem Wunsch der knappen Mehrheit nachkommen werde, andere Politiker haben Enttäuschung vermeldet, irgend welche anderen Personen haben verkündet, dass das eine Art Untergang sei, und überhaupt ginge ja Olympia nie mehr, und Großveranstaltungen gingen ja alle nicht und sowieso. Dazu fallen mir spontan ein paar Erwiederungen ein. Haben die Damen und Herren Schwarzmaler eigentlich mitbekommen, dass es in Deutschland aktuell leichte Defizite bei der zeit- und kostengerechten Ausführungen von Großbauprojekten gibt? Stichworte dazu: Flughafen Berlin. Elbphilharmonie, die eigentlich seit inzwischen vier Jahren hätte eröffnet gewesen sein sollen. Außerdem gibt es da geringfügige Zweifel an der Ehrlichkeit im Bereich des organisierten Sports. Ich erwähne da nur zusammenhanglos die Tour de Pharma, die Verdachtsfälle von Korruption im Fußball. Außerdem darf dem geneigten Zuschauer auch schon aufgefallen sein, dass Ausrichter internationaler Sport-Großveranstaltungen zwar jede Menge Aufwand damit haben, der Nutzen aber eher nicht fassbar ist. Oder anders ausgedrückt: Mich überrascht nicht so sehr, dass das Ergebnis verhältnismäßig knapp war. Angesichts der sehr einseitigen Werbung überrascht mich eher, dass doch genügend Wähler sich gegen die Veranstaltung entschieden haben.