Wahlkampfatorium
Gestern hat die Regierung bekanntlich verkündet, die Atomlaufzeit-Verlängerung vorläufig (und ich betone: vorläufig) aussetzen zu wollen. Mal davon abgesehen, dass allem Anschein nach eben nicht in Neckarwestheim und Biblis sofort Reaktoren runtergefahren und dauerhaft abgeschaltet wurden, deren Laufzeit ohne Verlängerung schon längst abgelaufen wäre, sondern wohl erst noch mit den Atomkonzernen geredet werden sollte. Davon ganz abgesehen stinkt die ganze Aktion nach Wahlkrampf. Dass ausgerechnet die Atomlobby-Regierung auf einmal eine Erleuchtung hatte, und erkannt hat, dass Atomkraft eben gerade nicht nur durch die Aussage, sie sei sicher, sicher wird, davon gehe ich jedenfalls nicht aus. Jetzt soll also die Sicherheit der AKW mal geprüft werden. Komisch, heißt das etwa, die Laufzeiten wurden verlängert, ohne dass mal geprüft wurde, ob die Reaktoren überhaupt sicher sind? Dass Reaktoren akut unsicher sind, darf (hoffentlich) als unwahrscheinlich gelten, womit dann auch klar ist, was als Untersuchungsergebnis rauskommen dürfte: Klar sind die Reaktoren sicher im Sinne der bisher geltenden Regeln.
Die viel spannendere Frage ist, was die Lobbyierung nach den drei Monaten machen will, also wenn die akute Gefahr durch Wahlen vorbei ist. Wollen die dann die Laufzeitverlängerung (also von der Legislative beschlossenes Gesetz) mal wieder gelten lassen? Oder nicht? Wenn nein, wann bequemt sich die Exekutive Regierung mal, die Legislative um neue Gesetze zu bitten? Was ist mit den ältesten Reaktoren, deren Laufzeit ohne Verlängerung vorbei war, bleiben die dann aus? Dürfen deren verlängerte Energiekontingente umgeschichtet werden?Wie viel Geld blasen die Energiekonzerne dann noch in die Regierungsparteien, bis die beschließen, was die Lobbyisten ihnen vorflüstern?
Gehört es bei CDSU und FDP eigentlich zum Guten Ton, dass die Exekutive (Regierung) sich über Gesetze der Legislative (Parlament) hinwegsetzt? Die Laufzeitverlängerung ist eigentlich geltendes Gesetz, genau wie Zensursula. Wenn man das Gesetz loswerden will, braucht es dazu eine entsprechende Entscheidung des Parlaments. Bei den Banken- und Länderrettungsschirmen waren solche Entscheidungen innerhalb weniger Tage fertig. Zeitdruck geht als Begründung für Untätigkeit also nicht durch.
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