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Frommgang

Apropos Verfassung: Der Chef des Inlandsgeheimdienstes (lustigerweise "Bundesamt für Verfassungsschutz" genannt) hat gestern (angeblich bereits zum zweeiten Mal) um seine Entlassung gebeten, die ihm der Innenminister dann auch gewährt hat. Hintergrund der Bitte ist offiziell, dass es zu "Pannen" gekommen sei bei den drei mordend durchs Land ziehenden Nazis, was ja letzte Woche darin gegipfelt ist, dass bekannt wurde, dass Akten aus dem Umfeld der NSU-Nazis genau an dem Tag vernichtet wurden, als öffentlich wurde, dass die drei Personen als Täter in zehn Mordfällen im Verdacht stünden.

Nun hat der Geheimdienstchef (Heinz Fromm) schon seit kurz nach der ersten Aufdeckung, dass die von Spitzeln unterwanderten Nazis jahrelang morden konnten, zugegeben, dass in seiner Behörde "Fehler" passiert seien, aber von Bemühungen zu deren Aufklärung habe ich bisher nichts gehört. Vielleicht ändert sich das ja jetzt, wo der Chef (natürlich mit vollen Bezügen, nehme ich an) in den Ruhestand versetzt wird, aber irgendwie zweifle ich daran. Mal ganz davon abgesehen stellt sich mir die Frage, ob es nicht Aufgabe eines Ministers ist, dafür zu sorgen, dass in Behörden unter seiner Aufsicht nicht ständig "Pannen" und "Fehler" passieren, und wenn doch, dann wenigstens alle nötigen Hebel in Gang zu setzen, damit aufgeklärt wird, wie es dazu kommen konnte. Ganz offensichtlich haben über Jahre weder Geheimdienst, noch Bundeskriminalamt mitbekommen, was passiert ist, und beide Bundesbehörden unterstehen dem Innenministerium.

Wenn der Untersuchungsausschuss im Bundestag wirklich Aufklärung betreiben wollte, müsste der die Chefs der Behörden zur inte3nsiven Befragung vorladen, sowie alle in der Zeit amtierenden Innenminister. Wenn ich mich da nicht schwer irre, würde das unangenehme Stunden für die Herren Schily, Schäuble, De Maiziere und Friedrich bedeuten. Ich glaube nur nicht daran, dass den Abgeordneten in dem Ausschuss ernsthaft daran gelegen ist, den ganzen Dreck auszugraben, denn der dürfte tiefer reichen als bisher zu erkennen ist. Am Ende bliebe gar noch etwas an den ehemaligen Lichtgestalten der jetzigen Opposition haften...

Lammfassungsgeschwurbel

Letzte Woche hat der Schäuble die Idee aufgebracht, doch mal das Volk zu befragen, wenn mal wieder an der Verfassung rumgepfuscht werden soll, aber der Bundestagspräsident Lammert findet, das täte ja gar nicht Not, weil weder etwas konkret zu entscheiden sei (wo er Recht hat), noch das nötig sei (wo er nicht Recht hat), weil die riesengroße Koalition doch immer ihre Zwei-Drittel-Mehrheit zusammenbekäme, wie ja gerade wieder bei den alternativlosen Bankensubventionen gezeigt wurde.

Ich bin so gar kein Fan vom ehemaligen Innenterror, aber finde schon, dass er ausnahmshalber mal Recht hat. Was in den letzten sechs Jahren an Bankensubventionen betrieben wurde, war immer Husch-Pfusch, weil es ja schnell gehen musste, die Bankenrettung alternativlos wäre, die Banken too big to fail, und überhaupt. Aber anstatt auch nur ein einziges Mal nachzufragen, wie das Stimmvieh (auch als "Volk" oder "Wähler" bezeichnet) das findet, haben die alternativlosen Parteien einfach durchregiert. Ja, Lammert hat Recht, dass es jetzt gerade keine konkrete Entscheidung zu treffen gibt, aber wenn man jetzt wieder wartet, bis es schnell gehen muss, weil noch mehr Geld über irgendwelche EU-Töpfe in die Banken geblasen werden muss, dann ist es wieder zu spät. Und es gibt zumindest die begründete Vermutung, dass schon die neueste Bankensubvention (ESM) und Parlamentsamputation (Fiskalpakt) mit dem jetzigen Grundgesetz eben nicht vereinbar wären (weswegen dagegen schon geklagt wird). Wenn nun die beiden Gesetze so alternativlos wären, müsste man wohl mal wieder am Grundgesetz rumändern, damit die da durchpassen, oder eben die Gesetze so veränderrn, dass sie nicht mehr anstoßen. Ich wäre ja eher dafür, die Gesetze ans Grundgesetz anzupassen als umgekehrt, aber wenn ohnehin schon daran rumgepfuscht werden sollte, wäre es lange überfällig, dass das Stimmvieh (siehe oben) auch mal mitreden darf.