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Schaarfrum

Das kommt etwas unerwartet, aber der Bundesdatenschbser Schaar kritisiert den Bundesinlandsgeheimdienst dafür, dass dort personenbezogene Daten gelöscht wurden. Und wenn ich das richtig interpretiere, dann findet Schaar, dass Geheimdienste alle Daten, die sie einmal haben niemals wieder löschen sollen. Weil, es dazu keine Pflicht gäbe. Ist das jetzt mein verdrehtes Weltbild, oder hat sich Schaar damit gegen Datenschutz gestellt, zumindest wenn es um den Geheimdienst geht?

Aktenfindung

Während der Bundes-Inlandsgeheimdienst mit Bekanntwerden der Nazi-Morde Akten über Nazis vernichtet hat, tauchen in Thüringen bisher unbekannte Aktenordner auf. Das wirft dann die Frage auf, ob der Landesgeheimdienst in Thüringen keine Organisation hat, dass mal eben acht Monate lang Akten nicht auffallen. Mal davon abgesehen: Wer will jetzt ernsthaft behaupten, dass jetzt alle Unterlagen gefunden wären?

Beschneidanken

Vor einigen Wochen hat in Köln ein Gericht geurteilt, die religiös begründete Beschneidung eines Jungen sei eine Körperverletzung, und damit strafbar. Der Arzt, der die Beschneidung durchgeführt hatte, wurde nicht bestraft, weil er ja nicht hätte wissen können, dass er eine Straftat begehen würde. Bisher habe ich mich dazu hier nicht geäußert, weil ich mir erst eine Meinung bilden wollte. Da gab es einerseits die Argumente, dass eine Beschneidung aus rein religiösen Gründen ja ein unnötige Operation sei, die auch mit Risiken verbunden wäre, während andererseits sehr schnell Stimmen laut wurden, dass ein Verbot der Beschneidung ja eine Einschränkung der Religionsfreiheit bedeuten würde (wobei hier spannenderweise Muslime und Juden sich ähnlich geäüßert haben, wobei mindestens ein Vertreter einer Rabbi-Konferenz den Herrn Godwin geweckt hat), und man hätte das doch schon immer so gemacht. Aus der Politik wurden in den letzten Wochen auch die Stimmen lauter, die verlangt haben, es müsse eine gesetzliche Regelung geben, die in Zukunft die Beschneidung aus religiösen Gründen ermöglichen sollte.

Und dann ist mir dieser Text in meinem Feedreader begegnet, der - wie ich finde - die Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ganz gut schafft. Da ist einerseits das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Jungen und andererseits das Recht auf Religionsausübung der Eltern (ein Kleinkind übt ja nur in Ausnahmefällen mal selbst Religion aus). Und außerdem gibt es da noch eine UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland höchstwahrscheinlich auch ratifiziert haben dürfte (ich bin grad zu faul nachzusehen), die Kindern auch ihre körperliche Unversehrtheit zusichert. Wenn die Riesengroße Koalition (aus C-Parteien, FDP, sowie SPD und Grüne haben sich bisher Vertreter so geäußert, dass ich davon ausgehe, dass die religiös begründete Beschneidungen irgendwie erlauben wollen) also tatsächlich Körperverletzung aus religiösen Gründen erlauben will, stellen sich spontan mehrere Probleme auf: Wie soll so eine gesetzliche Regelung sicherstellen, dass nicht schwerwiegende Fälle von Körperverletzung damit auch ermöglicht werden (so spontan fallen mir Beschneidungen an Mädchen ein, die nach allem was ich darüber mitbekommen habe, ein extrem schmerzhafter Eingriff mit permanenten Folgen sind), wie sollte so eine Regelung mit Kinderrechtskonvention (vermutlich hat die keine Strafen bei Versto0 festgelegt?) und Grundgesetz konform gehen? Und wie will man dann noch eigenartigen religiöse Forderungen begegnen, wie Zwangsheiraten oder einem Verbot medizinischer Behandlungen oder ähnliches?

Übrigens finde ich auch das Argument komisch, dass bei einem Verbot für Ärzte die Familien jemand anderen für die Beschneidung suchen würden. Mit dem gleichen Argument könnte man alle anderen Straftaten auch legalisieren, weil die ja ohnehin vollzogen würden. Gerade das 'das haben wir schon immer so gemacht'-Argument finde ich besonders schwach, weil man damit ja auch argumentieren kann, dass andere abstruse Regelungen aus dem Alten Testament wieder eingesetzt werden müssten (da gibt es im Netz einen nicht ganz ernstgemeinten Text, wo von Sklavenhaltung, Steinigung von Ehebrechern und Ähnlichem die Rede ist). Dass sich komischerweise niemand an alle Regeln der religiösen Texte hält, deutet für mich eher darauf hin, dass das nicht ganz so zwingend ist, wie die lautstarken Vertreter der Religionen fordern. Mal ganz davon abgesehen, dass es den Objekten der religiösen Beschneidung ja auch frei steht, sich später im Leben immer noch bewusst zu einer Religion zugehörig zu erklären, und dann, wenn gewünscht, auch ihre Vorhaut abzugeben. Aber stattdessen wird jetzt erstmal typisch für das Sommerloch großer Staub aufgewirbelt. Übrigens sehe ich auch keinen Grund in Aktionismus auszubrechen. Ich habe zumindest nicht davon gehört, dass die Polizei Ärzte festnehmen würde, die an Jungen bereits Beschneidungen aus rein religösen Gründen durchgeführt hätten.

Ein etwas polemischerer Text ist mir dann auch hier noch begegnet.

VDSchiebung

Dass dieses Jahr die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht mehr aktualisiert wird, war schon bekannt geworden. Wie Netzpolitik am Freitag berichtet hat, ist aber nicht nur dieses Jahr nicht mehr damit zu rechnen, sondern der Termin völlig offen. Das klingt so, als hätte die zuständige EU-Kommissarin Cecila 'Censilia' Malmström keine Lust darauf ihren Job zu machen. Wobei sie das von mir aus gerne tun kann unter zwei Bedingungen: Sie erhält ab sofort auch keinerlei Geld für ihre Nichtarbeit, und die VDS-Richtlinie wird auf dem schnellstmöglichen legalen Weg abgeschafft. Ganz offenbar ist kein Nutzen der Speicherung aller Verbindungsdaten aller Bürger nachweisbar, und die Kosten für die Speicherpflicht sind immens, mal ganz davon abgesehen, dass das ein Eingriff in die Datenschutzrechte aller EU-Bürger ist. Da ergibt schon die einfache Abwägung, dass sich die Speicherung nicht lohnt.

Spannendes Nebenbei: Laut AK Vorrat wollte die  EU-Kommission die VDS-Pflicht gar nicht so eng sehen. Aber wenn schon die Überarbeitung der Richtlinie auf praktisch nie verschoben ist, dann wird es mit Freistellung wohl eher nichts.

Gesichtspalme des Tages: Axel Springer AG

Der Preis 'Gesichtspalme des Tages' für gestern geht an die Axel Springer AG, wo jemand auf die geniale Idee gekommen ist, Mail-Anfragen mit juristisch dünner Grundlage als Straftat zu werten und für Datenschutz-Auskünfte nach Ausweiskopien zu verlangen. Und das alles, weil vor drei Wochen die Springers ein 'kostenloses' Werbeblatt an alle Briefkästen verschicken wollten, wogegen wohl ein paar Leute sich gewehrt haben. Ich hab den Sonderwerbemüll ja direkt aus dem Briefkasten in den dafür vorgesehenen Mülleimer verfrachtet und damit den Springers keine Adressdaten geliefert.

Geheimtritt Nummer 3

Letzte Woche sind ja schon die Chefs des Bundes- und des thüringischen Landesgeheimdienstes zurückgetreten, und gestern hat es den nächsten erwischt: Sachsens Verfassungsschutz-Chef Boos tritt zurück. Ob die Abgänge etwas am grundsätzlich kaputten System der Inlandsgeheimdienste ändern werden, habe ich ja immer noch Zweifel, denn dafür müssten Politiker willens sein, da intensiv im Dreck zu bohren. Und im Zweifelsfall taucht dann Kompromat gegen Politiker auf. Es sei denn, die gingen gemeinsam und Parteiübergreifend gegen die Geheimdienste vor. Wenn es darum geht, den Bundespräsidenten festzulegen oder die Staatsfinanzen in EU-Kontrolle zu verkaufen, kommt ja schon eine riesengroße Koalition zustande, aber an die Geheimdienste haben die sich bisher zumindest nicht rangetraut.

Mappmittlung

Aus der 'was hat da jetzt so lange gedauert?'-Ecke eilmeldete gestern Mittag die Tagesschau, dass die Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg dann mal gegen den Mappus ermittelt, weil der Verdacht bestünde, der Mann hätte beim Kauf des Energiekonzerns EnBW Geld veruntreut.

EnBW hab ich nicht nur als AKW-Betreiber im Hinterkopf, sondern auch als Verfassungsbruch, denn Mappus hat bei dem Kauf glatt mal den Landtag übergangen. Erst in den letzten Tagen wurde ein Gutachten öffentlich, dass er dabei auch noch die finanzielle Bewertung des Konzerns ziemlich freihändig zu hoch geschätzt hat, also auch noch mal irgendwas bei 800 Mio zuviel gezahlt hat. Aus dem Steuersäckel, versteht sich. Mich wundert also gar nicht, dass die Staatsanwaltschaft dann doch mal wissen will, ob da alles juristisch sauber verlaufen ist, wenn man mal am Verfassungsbruch vorbeischielt. 

Papstanic

Ach, guck. Der Ratze hat nicht nur keinen Humor, sondern auch noch nie von Frau Streisand gehört: Der will die Titanic verklagen wegen deren Titelbild. Nicht unbedingt die schlauste Entscheidung, wenn ihr mich fragt.

Und dann hat Ihre Papstigkeit das Landgericht Hamburg, oder wie es RA Kompa ausdrückt: Die päpstliche Pressekammer bemüht, die völlig überraschend für den Herrn Ratzinger entschieden hat.

Meldegründung

Der Sturm aus Dung in Sachen Meldegesetz ist weitergegangen: nachdem wir gestern noch die meldung hatten, dass im Innenausschuss Herr Uhl und Frau Piltz den Gesetzentwurf per Änderung praktisch komplett umgedreht haben, hat Uhl sich inzwischen öffentlich geäußert, wobei sein offizieller Spin in Richtung Abiturfeier geht, wobei es eine Wortmeldung aus dem Büro des Herrn Uhl gibt, die dann doch darauf hindeutet, dass es sich bei der Abi-Ausrede um eine Ausrede handeln dürfte.

Irregierung

Aus dem Gesetz zum Verkauf der Melde-Daten der Bürger ist inzwischen ein ausgewachsener Shitstorm geworden, was dazu geführt hat, dass die Regierung von ihrem eigenen Gesetz zurückrudert. Man hoffe auf Änderungen, heißt es. Da muss ich mal eben ausfallend werden:Ihr dämlichen Volltrottel habt den Scheißdreck doch beschlossen, was erhofft ihr euch jetzt von dem Geschwafel? Wie wäre es damit: Ihr werdet erst ("vorerst, und ich betone: Vorerst") geteert und gefedert, und danach können wir nochmal über Änderungen reden?

Bei Abgeordnetenwatch finden sich auch weitere Details, wie es zu dem Gesetz gekommen ist: Einen Tag, bevor innerhalb von 57 Sekunden das Gesetz 'beraten' und abgenickt wurde, haben die Abgeordneten Uhl (CSU, eine Partei, der auch de Ministerin für Facebook-Bashing Aigner, angehört, mal ganz davon abgesehen, dass Herr Zensuhl bereits wiederholt negativ aufgefallen ist) und Piltz (FDP, da war doch mal was mit 'Freiheitsstatue der Republik'?) in den Innenausschuss gebracht und mit Regierungsmehrheit durchgedrückt.

Dem Stimmvieh im Plenum (aus unverständlichen Gründen 'Volksvertreter' genannt) glaube ich ja, dass die paar Personen nicht wussten, worüber sie da abstimmen, aber uneigentlich habe ich immer noch kein Argument gelesen, warum gerade mal 2,7 Prozent der Abgeordneten anwesend waren, und was die anderen gut bezahlten Abstimm-Pfeifen in der Zeit zu tun hatten, was so viel wichtiger gewesen sein mag.

Jetzt versucht die Regierung sich also in Schadensbegrenzung, aber von Datenschutz will ich von keiner einziger Pfeife aus CDU, CSU oder FDP etwas hören, denn ganz offenbar hat niemand von denen laut (genug) darauf hingewiesen, dass der Verkauf der Meldedaten aller Bürger ein Problem sein könnte.

Datenhandelshitstorm

Die Regierung hat vor etwas über einer Woche im Bundestag mal eben ein Gesetz in sein Gegenteil umgekehrt, indem der Verkauf von Einwohnermeldedaten nicht wie bis dahin geplant, eigentlich verboten, und nur auf Wunsch des Betroffenen erlaubt werden sollte, sondern den Widerspruch praktisch abgeschafft. Dazu fragt Herr ix sich, ob Ilse Aigner aus dem Meldeamt austritt. Bei Facebook hatte sie das ja gemacht, um darauf hinzuweisen, wie unerträglich sie deren Datenschutz fände. Soweit ich weiß ist Facebook zwar dreist, aber nie so weit gegangen, die Daten aller Nutzer zum Verkauf zu stellen, und denen auch noch jede Möglichkeit zu nehmen, etwas dagegen zu tun. Mal ganz davon abgesehen, dass man nicht verpflichtet ist, sich bei Facebook anzumelden, der Gesetzgeber (der selbe, der die idiotische Regelung gerade einführt) schreibt vor, dass jeder Bürger dieses Landes seinen aktuellen Wohnort dem Staat mitzuteilen hat. Das hat zumindest mal eine andere Qualität. Immerhin fällt den Oppositionsparteien im Bundestag gerade auf, dass es nicht opportun wäre, die Änderung so durch den Bundesrat zu winken, von daher könnte es noch zu (vermutlich kosmetischen) Änderungen kommen. Der Bundesrat wird aber ohnehin erst im September zu dem Gesetz Stellung beziehen.

Und am Sonntag, also immerhin zehn Tage, nachdem die handvoll Abgeordneten während des Halbfinalspiels der Fußball-EM das dämliche Gesetz im Bundestag innerhalb einer Minute abgenickt hatten, wurde auch der Verbraucher-Aigner aufgefallen, dass sie sich mal äußern sollte. Und nun ist sie also gegen das Gesetz, hat es aber offenbar nicht für nötig erachtet, sich dazu vor der Bundestagsabnickung zu äußern, oder gar ihrem gut bezahlten Beruf als Abgeordnete des Bundestages nachzukommen. Immerhin wird es immer unwahrscheinlicher, dass der Dreck so in Kraft treten wird.

VDZögerung

Aus der 'na sowas!'-Ecke hat sich die Zensurkommissarin Malmström zur verdachtslosen Vollspeicherung sämtlicher Verbindungsdaten aller EU-Bürger geäußert und verkündet, dass sie nicht dieses Jahr mehr die schon längst überfällige Anpassung der Richtlinie liefern werde, weil die zusammen mit einer Datenschutz-Regelung vorgelegt werden sollte. Da frage ich mich doch glatt, warum Frau Malmström einerseits Deutschland verklagt, weil wir keine verdachtslose Verbindungsdatenspeicherung aller Bürger haben, während sie selbst die Anpassung der Richtlinie aussitzt. Dass so ganz nebenbei auch immer noch kein Beleg veröffentlicht wurde, was denn so eine Speicherung aller Verbindungsdaten für positive Effekte hätte, erwähne ich da mal nur nebenbei.

ACTAblehnung

Nach der großen Verkündung, dass das Higgs-Boson im Particle Zoo umziehen muss (von den theoretischen Teilchen zu den real nachgewiesenen) stand in Strasburg die große Abstimmung des EU-Parlaments über ACTA an, die man im Live-Ticker bei Netzpolitik.org nachlesen kann. Kurzfassung davon: Die Abstimmung wurde trotz Wunsch der Konservativen nicht verschoben, und in der Abstimmung haben sich 478 EU-Abgeordnete gegen den Vertrag gestellt, 165 enthalten und nur 39 für ACTA gestimmt. Das ist dann doch deutlicher als ich zu hoffen gewagt hätte. Danach ging aber schnell das Gefauche los, wie schlimm das doch sei, wie alternativlos der Vertrag gewesen wäre und die Aussage des Antidemokraten de Gucht steht ja auch noch im Raum, den selben Vertrag so lange dem EU-Parlament vorzulegen, bis das 'richtig' entscheidet. Und dann kamen auch sehr schnell Forderungen auf, doch 'Teile' des Vertrags umzusetzen, dabei gibt es an dem Vertrag doch gar nichts mehr zu verhandeln oder separat zu beschließen. Zur Vollständigkeit sei noch erwähnt, dass mir die ganze Zeit nie die Frage beantwortet wurde, was ACTA uns (EU, speziell: Deutschland) brächte, wenn doch angeblich gar keine Gesetze geändert werden müssten.

Davon 'unabhängig' steht irgendwo in der EU auch noch das IPRED-Verfahren, mit dem eine Reihe von Urheberregelungen noch weiter verschärft werden sollen. Solange das nicht mit einem Pflock durch die Seiten irgendwo auftaucht, halte ich das auch nicht für tot.